Das Meer ist immer präsent in Theodor Storms 1888 vollendeten Novelle »Der Schimmelreiter«. Eine ebenso faszinierende wie bedrohliche Naturgewalt, die das Leben der Küstenbewohner*innen bestimmt. Mit dem Deich hat der Mensch das Meer in seine Schranken gewiesen. Der Deich schützt nicht nur vor Sturmfluten, er sichert auch das Land, das der Mensch mühsam dem Ozean abgerungen hat. Alles hängt davon ab, dass der Deich hält. Aber der Deich ist ein fragiles Gebilde, ständig bedroht durch Wind und Wellen, durch Tiere, die ihn aushöhlen. Und so ist das Amt des Deichgrafen, der über seinen Zustand wacht, nicht nur mit enormer Verantwortung, sondern auch mit hohem Sozialprestige verbunden. Der junge, technikaffine Hauke Haien sieht seine Chance und ist entschlossen, sie zu nutzen. Er revolutioniert den Deichbau, schafft neues Ackerland und tatsächlich den Aufstieg zum Deichgrafen. Fast manisch reitet er mit seinem Schimmel den neuen Deich ab, getrieben von der Furcht, Schwachstellen zu entdecken. Doch der Deich hält allen Sturmfluten stand. Haiens Schicksal aber entscheidet sich am alten Deich, über dem sich Unheil zusammenbraut. Storm erzählt in »Der Schimmelreiter«, wie der Mensch auf dem Weg in die Moderne den Respekt vor der Natur verliert, wie aus Gewinnstreben Erfahrung ignoriert wird, und er zeichnet in der Titelfigur einen Menschen, der vom Ehrgeiz getrieben, alles riskiert, um sein Lebenswerk zu retten.
Der Schimmelreiter
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