In der Reihe: Rudolf Steiners Wirken für das Christentum
Rudolf Steiner wurde von manchen Menschen als Religionsstifter und Vertreter der „einen“ Wahrheit missverstanden. Dazu schien zu passen, dass er auch eine „Bewegung für religiöse Erneuerung“ auf den Weg gebracht habe. Das Gegenteil ist der Fall: die Anthroposophie ist keine abschließende Wahrheit, keine monolithische Lehre, an die man glauben solle, sondern ein Weg zur Erkenntnis, den jeder auf seine Weise begehen kann. So spricht Steiner von zwölf einander widersprechenden Weltanschauungen, die aber jeweils in sich plausibel sind.
Entsprechend ist die Christengemeinschaft keine Kirche, die etwa aus ihrer alleingültigen Wahrheit ihre Eigenart schöpfte. Sondern jeder Priester hat seine eigene Lehrfreiheit, jedes Gemeindeglied seine Glaubensfreiheit. Auch die Kinder geben kein Glaubensversprechen ab, sondern kündigen nur an, auf die Suche zu gehen. Die Identität der Christengemeinschaft entsteht auf anderem Felde.
Wie geht das? Indem – schon von Steiners Ansatz her – dem einzelnen Menschen zugetraut wird, immer mehr Wahrheitsanteil in der Welt zu erblicken, je angstfreier er auf dem Wege sein darf. Rudolf Steiner, dessen Todestag sich zum hundertsten Mal jährt, ist ein Lehrer zur Eigenständigkeit, auch auf dem Felde der Religion.
Frank Hörtreiter ist Priester der Christengemeinschaft in Hannover
Veranstaltungsort
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Die Christengemeinschaft
Friedländer Weg 9
37085 Göttingen
Deutschland