Sonne / Luft

Wir werden mit der Welt gemeinsam untergehen. Bis dahin wälzen wir wie Mistkäfer unsere Schuld, am Leben zu sein. Doch auch das führt zu gar nichts.

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Sonne und Luft. Elfriede Jelinek hat ihren neuesten Theatertext den beiden größten Lebensspendern gewidmet, ohne die unsere Existenz auf dieser Erde nicht möglich wäre. Aber die Sonne hat sich entschlossen, ihren Ton gegenüber dem Menschengeschlecht zu ändern. Statt sanftem Licht und wohltuender Wärme spendet sie immer öfter gleißende Helligkeit und tödliche Hitze. Sie entfacht Feuermeere, trocknet Seen aus, lässt ganze Landstriche verdorren und hat eine diebische Freude daran, zu beobachten, wie die panisch gewordene Menschheit versucht, ihren sengenden Strahlen zu entkommen. Und auch wenn sie selbst dazu verurteilt ist, in ferner Zukunft zu verglühen, bleibt ihr die Genugtuung, vorher die Erde von den Menschen befreit zu haben.
Und auch die Luft wartet nur darauf, wieder durchatmen zu können. Während im ersten Teil die Sonne monologisiert, ist nun die Atmosphäre von Vielstimmigkeit erfüllt. Ein letzter verzweifelter Versuch, noch einmal Ordnung in die Natur zu bringen, der endgültig ins Chaos führt. Wenn die saubere Luft zum Atmen knapp wird, schlägt das Gehirn Kapriolen, kommt der Verstand an seine Grenzen.
»Sonne / Luft« räumt auf mit dem Irrglauben, dass der Mensch sich die Erde untertan machen könne. Die Annahme, dass sich die Natur beherrschen ließe und eine unerschöpfliche Quelle sei, aus der sich die maßlosen Bedürfnisse unserer Spezies befriedigen ließen, wird als maßlose Hybris entlarvt. Wenn der Mensch vom Weltuntergang fabuliert, überschätzt er sich: Er wird selbstverschuldet mit seiner Welt untergehen, für die Natur spielt das keine große Rolle.

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