„Blickt man auf die Geschichte der europäischen Gartenkultur, so sind Klöster und Stifte darin ein wichtiger Bestandteil. Sie waren die ersten Institutionen im frühen Mittelalter, die systematisch Gärten anlegten und damit das Bild unserer Gärten bis heute prägen. Viele dieser Gartenanlagen sind nicht erhalten oder kaum rekonstruierbar. Mit der beinahe ein Jahrtausend umfassenden Geschichte des Frauenstifts Gandersheim betrachtet die Sonderausstellung 1000 Jahre Gartengeschichte an einem Standort.
Zwischen Kräutergarten und Paradies
Mittelalterliche Klostergärten vereinten unterschiedliche Formen und Funktionen in sich, von ganz pragmatischen Zwecken bis hin zu einer tiefen theologischen Bedeutung. Neben ihrer Funktion als Nutzgärten der klösterlichen Gemeinschaft, waren die Gärten auch Friedhof und Ort der Ruhe. Hinter den geschlossenen Klostermauern stellten sie häufig den einzigen Zugang zur Natur dar. Der Kreuzgarten im Innenhof der Klausur war gleichzeitig grünes Herzstück der Klosteranlage. Aus dieser zentralen Bedeutung entwickelte sich bald das Sinnbild des klösterlichen hortus conclusus, des geschützten Paradiesgartens.
Zwischen Repräsentation und Gesamtkunstwerk
Ab der Renaissance dienten Gärten zunehmend der Zierde, wie auch der Repräsentation von sozialem Status. Insbesondere in der Barockzeit verfügten Gandersheim und Brunshausen über aufwändige Gartenanlagen, was sie von anderen norddeutschen Klöstern und Stiften abhob. Broderieparterres, Terrassen, Springbrunnen, Statuetten, Grotten und Schaukeln ließen die Anlagen lebendig werden und zeigen, wie schnell man sich auch im Stift an neuen weltlichen Moden orientierte und sie adaptierte. In der Ausstellung tauchen die Besucher:innen ein in eine Gartenkultur zwischen gelebter Pracht und Repräsentation.
Dagegen ist ein Kraut gewachsen – Kräutergarten
Die Rekonstruktion eines frühmittelalterlichen Kräutergartens auf dem Klosterhügel Brunshausen lädt zum Entdecken ein. Als lebendiges Ausstellungsstück gibt er einen Einblick in die typische Pflanzenwelt der Klostergärten. Die Anlage, Bepflanzung und Pflege ist in Kooperation mit der Garten-AG des Roswitha-Gymnasiums Bad Gandersheim und der Gärtnerei Dörries entstanden. Auch die Nutzung und Verwendung der Pflanzen ist ein wichtiger Schwerpunkt des museumspädagogischen Angebots und macht diesen Ausstellungsteil erlebbar.
Nicht zuletzt ist die Ausstellung als solche ein echtes „Gartenprojekt“, denn das Konzept sieht eine stetig wachsende Ausstellung vor, die in kurzen Zeitabständen um weitere Mitmachstationen ergänzt wird. Neben dem Skriptorium und der Kräuterstation, wird dann beispielsweise auch eine Station zum mittelalterlichen Einkaufszettel oder ein Puzzle zum Thema Barockgärten angeboten. Im Sommer können BesucherInnen den „barocken Glanz“ der Klosteranlagen selbst entdecken, wenn kein geringerer als der Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz in zeitgenössischer Gewandung in die höfische Lebens- und Gartenwelt einlädt. Daneben wird ein vielfältiges Begleitprogramm angeboten.“ (portal-zur-geschichte.de)
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