54 Jahre ist sie alt, als sie sich wieder verliebt, und damit eine Zeit beginnt mit täglichen Telefonaten und Treffen an Wochenenden, weil er noch eine Freundin hat, von der er sich aber nach einer Weile trennt. Es beginnt eine Zeit mit lustvoller Sexualität und ganzen Tagen im Bett bei Nieselregen. Dass ihr Freund 30 Jahre jünger ist als sie und Student, bringt sie zurück in ihre eigene Vergangenheit und in die Zeit, als sie studierte, in kalten Zimmern wohnte und billiges Essen aß. Gleichzeitig aber entflieht sie nicht ihrer Lebensrealität, sondern es verwandelt sich ihre Vergangenheit und seine Gegenwart zu einer ganz besonderen und intensiven altersunabhängigen Realität. Und während sie und er das Zusammensein genießen, blicken die Gäste an den Nachbartischen missbilligend, taxieren die anderen am Strand skeptisch ihren Körper und den ihres Freundes und werfen Paare in ähnlicher Konstellation ihnen verschwörerische Blicke zu.
Ganz ohne Scham, mit einer großen Herzlichkeit und scharfen Beobachtungsgabe erzählt Annie Ernaux autofiktional von ihrer Liebesbeziehung zu einem deutlich jüngeren Mann. Sie lädt mit großzügiger Geste dazu ein, den Blick zu verändern und die Liebe zu sehen statt der (noch) ungewohnten Paarkonstellation.
Der junge Mann
Mit ihm durchlief ich alle Alter des Lebens, alle Alter meines Lebens
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