„In einer Welt, in der die Sonne nur selten durch die dichten Wolken drang, wanderte der Monsterjäger Kaelan durch das verfluchte Dorf Eldergrove. Die Luft war schwer von Angst und Verzweiflung, während die Dorfbewohner in ihren Häusern kauerten, gefangen in einem Albtraum, aus dem es kein Erwachen gab. Für Kaelan ist die Monsterjagd nicht nur ein Beruf, sondern eine persönliche Mission, die von dem unstillbaren Verlangen nach Rache geprägt ist.“
Dies ist der Anfang meines Dark Fantasy-Romans »Die Schatten von Eldergrove«. ChatGPT beschreibt meinen Roman als „eine fesselnde Geschichte über Verlust, Rache und die Suche nach Licht in der Dunkelheit, die den Leser auf eine emotionale Reise mitnimmt.“ Ja, richtig gelesen. Der obenstehende Text stammt nicht von mir, er wurde für mich geschrieben von dem KI-gesteuerten, freizugänglichen Text-Chatbot ChatGPT. ChatGPT nutzt künstliche Intelligenz, kurz KI, um menschliche Sprache und Texteingaben zu verstehen und so eine Antwort an den menschlichen Nutzer zu schicken. Die erzeugte Antwort ähnelt der menschlichen Sprache auf verblüffender Weise.
Somit stellt sich die Frage: „Wie kreativ und konkurrenzfähig ist Künstliche Intelligenz wirklich?“ Damit beschäftigte sich die Literaturwissenschaftlerin und Autorin Jenifer Becker in ihrem KI-Workshop »Künstliche Romanzen, Sci-Fi & Fantasy« am 20. und 29. November im Literaturhaus. Unter der Leitung von Jenifer Becker tobten sich die Workshop-Teilnehmer:innen aus, um mithilfe von ChatGPT Lyrik sowie Mystery-, Sci-Fi und Fantasy-Stories zu erzeugen.
Auch ich war überrascht, wie schnell KI gute Formulierungen und einfache Erzählstrukturen für den Nutzer erzeugen kann. Einfach in den Textchat eingeben „Ich will einen Dark Fantasy-Roman schreiben, kannst du mir dabei helfen“ und schon präsentiert dir ChatGPT mögliche Plotstrukturen und einen Story-Einstieg. Auch Namenvorschläge für den Protagonisten gab mir der Chatbot und er konnte auf Wunsch meine Geschichte problemlos weiterschreiben.
Für Jenifer Becker war es wichtig klarzustellen, dass es keine autonome KI gibt. Um einen Text oder ein Bild zu generieren, braucht man immer einen Menschen der einen Input also eine Eingabe macht. Somit kann KI (glücklicherweise) nicht von allein agieren und Inhalte produzieren. Außerdem machte Becker deutlich, dass KI-Literatur kein Genre ist.
Nüchternes Urteil trotz guter Formulierungen
Auf Amazon’s Kindle Direct Publishing werden bereits einige KI-generierte Romane veröffentlicht. Dies hat bei vielen Autoren für Aufruhr gesorgt, da nun fast jeder auch ohne Schreibfähigkeiten Romane mittels KI verfassen kann. Becker erklärt aber, dass die Qualität dieser KI-Romane zu wünschen übrigließe. Die meisten KI-generierten Romane gehörten zur Kategorie „Pulp Fiction“ („Trivial-/ Schundliteratur“) oder „Trash“. Laut Becker habe KI dadurch auch positiven Einfluss auf Verlage. Die Verlage haben nun Qualitätssiegel, die zeigen, dieses Buch wurde von einem echten Autor geschrieben und nicht von einer KI. Um der rapid steigenden Anzahl von KI-Bücher entgegenzusteuern hat Amazon zudem zur Sicherheit eine Schranke auferlegt, wodurch Autoren am Tag nur drei Bücher veröffentlichen dürfen. Zudem müssen alle KI-Romane durch Labels gekennzeichnet werden und eigentlich können Konsumenten nur anhand dieser Labels feststellen, ob sie jetzt einen KI-Roman lesen oder nicht.
Somit war es in diesem Workshop sehr interessant herauszufinden, ob wir KI als hilfreiches Schreibwerkzeug benutzen können und ob die KI in einigen Fällen vielleicht wirklich den Menschen als Produzenten ersetzen könnte. Trotz einiger guter Formulierungen und Sätze fiel das Urteil allerdings eher nüchtern aus. Alle Teilnehmer:innen, eingeschlossen Jenifer Becker, einigten sich, dass die Erzählstrukturen, Charaktere und Ideenvorschläge zu generisch sind. Mittels KI kann man zwar Romane schreiben, diese würden allerdings nie Bestseller Niveau erreichen oder besonders herausstechen. Dafür wirken die von der KI vorgeschlagenen Ideen nicht kreativ genug und einfallslos. Man bekommt das Gefühl, so etwas habe ich schon tausend Mal gelesen. Zu erwähnen ist außerdem, dass es oftmals auch sehr darauf ankommt, wie präzise die eigenen Eingaben sind. Allerdings können KI-Programme wie Chat-GPT dennoch als hilfreiche Werkzeuge dienen, um zum Beispiel passende Synonyme und Formulierungen zu finden oder Gedankenanstöße zu bekommen.
Dennoch ist nach wie vor erschreckend zu sehen, was KI alles generieren kann. Das Bild oben von Jenifer Becker ist kein echtes Foto ihr. Dies ist ihr KI-generiertes Avatar-Abbild, welches auch Gespräche führen kann wie ein echter Mensch. Das andere Bild stellt den Protagonisten meines Fantasy-Romans dar.
Somit bleibt es abzuwarten, wie sehr sich Künstliche Intelligenz weiterentwickelt. Auch wenn einige Ergebnisse von ChatGPT äußerst beachtlich waren, reicht deren Qualität dennoch nicht wirklich an menschengemachte Arbeiten ran. Es gibt immer mal wieder irgendwelche Ungereimtheiten in Text oder Bildform wie Gedankenlücken oder verzehrte Gesichter. Wir können nur hoffen, dass KI auch weiterhin nur ein Hilfsmittel bleibt und zu keinem eigenständigen, konkurrenzfähigen Produzenten wird.
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