Vielfältige Jazz-Reise im DT

47. Göttinger Jazzfestival im Deutschen Theater

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Jazzfans kamen mal wieder voll auf ihre Kosten! Auch dieses Jahr bot das 47. Göttinger Jazzfestival im Deutschen Theater ein wahrlich buntes und abwechslungsreiches Programm, dass das Herz jedes Jazzliebhabers höher schlagen ließ. Von einer Mischung aus Jazz und Folk bis hin zum Cosmic Jazz der imponierenden Jazz-Avantgarden Sun Ra Arkestra waren verschiedene Jazzstile vertreten.

Los ging es am 8. November auf der großen DT-1 Bühne mit Schottlands „Rising Star“ Matt Carmichael. Der Tenorsaxophonist bringt frischen Wind ins Jazz-Genre. Carmichaels kraftvolles Saxophonspiel wird gepaart mit dem Fiddle-Spiel von Charlie Stewart. So entsteht ein einzigartiger und dennoch vertrauter Mix aus lyrischem Jazz und schwungvollen Folk-Melodien. Mal bilden Carmichael und Stewart angenehme musikalische Dialoge zwischen Tenorsaxophon und Fiddle, mal laden sie das Publikum zu einem beschwingten Jazz-Folk-Tanz ein. Auch zum Schluss überraschte Matt Carmichael, als er eine schnelle Folksong Flötenmelodie mit seinem Tenorsaxophon spielte. „Ich komme aus Glasgow und dort kollidieren Welten in den Jazzclubs,“ verrät Carmichael dem Kulturbüro. „Wir haben also eine Collection aus verschiedenen Einflüssen zusammengestellt und so ist unser Mix aus Folk und Jazz entstanden. Dieser Mix ist nicht komplett neu, aber er gefällt uns sehr!“ Auch wenn es schon Vorreiter gab, hat Matt Carmichael den Mix aus Jazz und Folk salonfähig gemacht. Umso schöner für das Göttinger Publikum, dass es in den Genuss dieser ungewöhnlichen Mischung gekommen ist. Außerdem schwärmt Carmichael von Göttingen und dem DT: „Wir lieben es hier in Göttingen und besonders auch im DT. Dass das Publikum im großen Saal sehr nah bei uns sitzt, gibt uns ein großartiges Gefühl. Danke!“

Für etwas schummriges Jazz-Club-Feeling sorgte anschließend das Anke Helfrich Trio. Am Klavier präsentierte Künstlerin Anke Helfrich Dichtungen über starke Frauen, die sich über Konventionen hinweggesetzt haben, wie Chemikerin Rosalind Franklin. Ihre gefühlvollen Melodien auf dem Klavier gepaart mit Bass und Schlagzeug ergaben ein sinnliches und berührendes Klangerlebnis.

Gemäß dem Sprichwort „Save the Best for Last” wartete auf das Publikum am 08. November noch ein richtiges Highlight: denn um 23 Uhr beehrten das erstklassige Jazz-Orchester Sun Ra Arkestra das Publikum und nahm es mit auf eine kosmische Reise! Sun Ra Arkestra ist eine Band mit einer über sechzig jahrelanger Musiktradition. Gegründet wurde die Gruppe Mitte der 1950er Jahre vom Keyboarder und Komponisten Sun Ra, einer der schillerndsten Figuren der modernen Musikgeschichte. Er gründete eine neue Jazz-Richtung, den Cosmic Jazz, eine Mischung aus Blues, Free Jazz und afrikanischen Musikstylen. Auch an diesem Abend beeindruckte die Band das Publikum mit seiner afrofuturistischen Musik wie von einem anderen Stern. Sun Ra Arkestra ist bekannt für ihre energetischen Live-Auftritte und ihre kosmische Ästhetik, denn alle Bandmitglieder tragen glitzernde spacige Bühnenoutfits.

Vollkommen im Bann

Bis zu seinem Tod im Jahr 1993 leitete er die Band. Sein Nachfolger Marshall Allen, wurde dieses Jahr 100 Jahre alt. Deshalb führt nun Jazzsaxophonist Knoel Scott die kosmische Reise fort. Mit seinem virtuosen Saxophonspiel brachte er das ganze Publikum zum Staunen! Auch die anderen Space Traveller wie Trompeter Kevin Bachelor überzeugten auf ganzer Linie. Wie nicht anders zu erwarten imponierte das gesamte Sun Ra Arkestra mit fulminanten Kollektivimprovisationen, die oftmals kein Ende fanden und die Zuschauer:innen vollkommen in ihren Bann zogen. Besonders hervorzuheben ist auch der grandiose Gesang von Tara Middelton. Mit ihrer kräftigen und energiegeladenen Mezzosopran Stimme sorgte sie für richtig Action auf der Bühne und machte berühmten Sängerinnen wie Aretha Franklin alle Ehre machte.

Aufregend weiter ging es auch am nächsten Tag mit dem Iiro Rantala HEL Trio. Die hyperaktiven Finnen heizten dem Publikum richtig ein! Iiro Rantala spielte richtig wild auf dem Piano ohne ins Schwitzen zu kommen, während Anton Eger mit seinem aggressiven Schlagzeug-Spiel einen Hauch Rock mitbrachte. Auch Conor Chaplin begleitete die beiden mit coolen Grooves auf dem Bass. Rantala ist zudem ein Meister darin, seinen Stücken noch eine kräftige Prise Humor einzuhauchen. Sein Bebop-Stück heißt beispielsweise „Can you be Bob“ und die Ballade an seine Frau Lotta trägt den Namen „A Lotta Love“. Auch einen gefühlvollen Waltz spielte das Trio um zu zeigen, dass sie auch eine einfühlsame Seite haben, erklärt Rantala humorvoll.

Zum Abschluss des 47. Göttinger Jazzfestivals spielte noch das Moses Yoofee Trio einen experimentellen Mix aus Jazz, Hip, R&B und Soul. Besonders der Einsatz der E-Gitarre und dem Synthesizer erzeugte ein spezielles Klangerlebnis, das mit der Zeit aber leider etwas monoton wurde.

Das 47. Göttinger Jazzfestival im Deutschen Theater brillierte vor allem mit seiner Vielfalt und machte dieses Wochenende zu einer spannenden Pilgerfahrt durch mehrere Jazz-Stile.

Dieser Artikel erschien zuerst im Magazin des Kulturbüro Göttingen. Redaktionell verantwortlich sind das Kulturbüro Göttingen sowie dessen Autor:innen.
Verfasser:in

Keanu Demuth

Journalist und Autor beim Kulturbüro Göttingen

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