Leuchtende Drum-Sticks, Benzinkanister, Mülltonnen und Leitern sind neben klassischem Schlagwerk das musikalische Equipment von »Double Drums«. Und nicht nur das macht diesen Abend am Nikolaustag 2024 so besonders. Höhepunkt ist der »Müll Groove«, den sie zusammen mit circa 50 Schüler:innen in der fast ausverkauften Stadthalle präsentieren und hier im Besonderen mit kreativer Vielfalt das Publikum beim Promenadenkonzert faszinieren.
Schon als Kinder suchten sich Philipp Jungk und Alex Glöggler alle auf irgendeine Art klingenden Haushaltsgegenstände zusammen, um daraus ein Schlagzeug zu bauen. Kennengelernt haben sie sich aber erst im Schlagzeugstudium an der Musikhochschule München – und vereinten ihre Affinität zum kreativen Schlagwerk zum Duo »Double Drums«. Die Musik für ihre Shows schreiben sie zum einen selbst, zum anderen arbeiten sie mit klassischen Orchestern zusammen und integrieren sich in symphonische Kompositionen. Im Konzert mit dem Göttinger Symphonieorchester zeigen sie den Zuhörer:innen, dass sie beides können.
Eröffnet wird der Abend vom Göttinger Symphonieorchester mit der eindrucksvollen „Fanfare for the Common Man“ von Aaron Copland. Schlagwerk und Blechbläser bieten eine passende Ouvertüre für ein verheißungsvolles Programm. Plötzlich geht das Licht aus. Zu sehen sind vorne auf der Bühne vier Drum-Sticks, die bei Bewegung rot aufleuchten – und zu hören gibt es das »LED Drums solo« von Double Drums. In mit den Augen nicht nachvollziehbarer Geschwindigkeit wirbeln sie die Sticks auf die Trommeln und lösen begeisternden Applaus aus. Dann sind sie auch schon wieder verschwunden.
Die Moderation übernimmt der aus London stammende Dirigent Russell Harris, der seit 1991 in Deutschland lebt, selbst. Der britische Akzent hat Charme und mit freundlich-humorvoller Art teilt er in einer Mischung aus Deutsch und Englisch Informationen zur Entstehung und Verwendung der einzelnen Werke mit. Das GSO spielt Tanz- und Filmmusik aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Um Double Drums in dieses Programm zu integrieren, arrangierte Russell Harris den »Spanish Dragon« von Tamiya Terashima. Wie alles andere auch spielen Double Drums auswendig und harmonieren vorzüglich mit dem Orchester. Und natürlich darf bei Filmmusik »Star Wars« von John Williams nicht fehlen. Während »Darth Vader’s Theme« beziehungsweise der »Imperial March« vom GSO erklingt, treten Double Drums in Kostümen von Darth Vader und Meister Yoda auf und bieten sich ein humorvolles Drum-Battle, das auch ihre schauspielerischen Talente zutage fördert. Als Sahnehäubchen tauscht Russell Harris den Taktstock gegen ein Laserschwert.
Herausragende solistische Fähigkeiten
Höhepunkt vor der Pause und des ganzen Abends ist der »Müll Groove« mit Schüler:innen der 4. Klassen der Joachim-Quantz-Schule und der Leineberg Schule. In nur 40 Minuten haben Double Drums den »Müll Groove« mit den Schüler:innen vorher eingeübt. Ausgestattet mit großen und kleinen Mülleimern, Mülldeckeln und Sticks lassen die rund 50 Schüler:innen es ordentlich krachen und grooven die Halle. Mit viel Beifall für die Schüler:innen und dem Wunsch von Double Drums, Kinder auf vielfältige Weise an Musik heranzuführen und für Musik zu begeistern, werden alle in die Pause entlassen.
Der zweite Teil des Konzertes beginnt zunächst wieder ohne Double Drums mit Musik von Nikolai Rimski-Korsakow, Astor Piazzolla und Leonard Bernstein. Russell Harris’ Dirigat lässt zuweilen etwas Präzision vermissen, was besonders beim Schlagwerk zu ungenauen Einsätzen führt. Die musikalische Interpretation wirkt an diesem Abend weniger charakterstark und leidenschaftlich als vom GSO gewohnt. Doch herausragende solistische Fähigkeiten verzaubern die Zuhörer:innen dann doch. Natalia Scholz glänzt mit hingebungsvollem Geigenspiel bei Astor Piazzollas „Oblivion“. Auch Horn, Klarinette und Flöte gehören zu den ausdrucksstarken Höhepunkten der symphonischen Programmpunkte, die den Abend überwiegen.
Dass bei einem mit »Double Drums« angekündigten Konzert das Duo nicht einmal zur Hälfte beteiligt ist und nur dreimal mit dem GSO gemeinsam auftritt, ist enttäuschend und ein Schwachpunkt des Programms, das zwar stimmig auf Filmmusik, aber nicht so sehr auf Percussion ausgerichtet ist. Umso mehr wird das Finale erwartet. Bei Franz Kanefzkys »Emancipation for Drums« sind sie wieder dabei und zeigen auf einer ganzen Palette an Schlagwerk erneut, wie gut sie mit dem Orchester zusammenspielen. Das Publikum klatscht sie zur Zugabe, bei der sie noch einmal ihr Können auf Alltagsgegenständen zeigen und die verschiedenen Klangspektren einer haushaltsüblichen Stehleiter präsentieren. Und schließlich spielen alle zusammen noch einmal »Spanish Dragon«, bevor Double Drums sich der Autogrammstunde widmet.
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