Mit einem weiteren Performance-Doppelpack im ThOP ging es weiter mit dem CAPAS-Festival am 30 Mai. Bei »Cat-Dog« und »Mining Hate« handelte es sich um Aufführungen, die sich kritisch mit sozialen Medien und KI, kurz künstliche Intelligenz, auseinandersetzten. Während »Cat-Dog« auf kreative Weise Mobbing im Internet und Social Media-Abhängigkeit präsentierte, bewegte sich »Mining Hate« beinahe schon an der Grenze der Geschmacklosigkeit.
»Cat-Dog«, ein englischer Ausdruck für unharmonische Wechselbeziehungen. Unharmonisch geht es auch oft zu im Internet. Genau darauf wollen die Performerinnen Lin Chen und Lini Gong aufmerksam machen. Beide Darstellerinnen sitzen vor einem leuchtenden Computerbildschirm, mit Tastatur, Maus und Webcam. Ihre Gesichter werden dabei durch die Webcam auf eine Leinwand projiziert. Zu einem Beat sagen sie nacheinander sozialkritische Wörter auf wie „decapitation“. Sie bilden daraus einen Rap, während nur das Bildschirmlicht flackert und so eine unheimliche Atmosphäre schafft. Plötzlich beginnen die Darstellerinnen manisch zu Lachen, Grimassen zu schneiden und wild auf die Tastatur zu hämmern. Dies repräsentiert Mobbing auf sozialen Medien. Leider sind viele Jugendliche nach wie vor abhängig von Facebook und Co. und werden durch Hasskommentare oftmals an den Rand des Suizids getrieben.
Eine kurze, aber dennoch eindrucksvolle Performance, die besonders von dem pantomimen-ähnlichen Grimassenschneiden der Darstellerinnen Gong und Chen getragen wurde. Auch die Technik von Greg Beller und Janina Luckow machten viel von der Atmosphäre aus und zeigten unmissverständlich die Gefahren im Internet.
Bei der improvisierten interaktiven Performance »Mining Hate« sah es etwas anders aus. Das riskante Experiment von Gaurau Singh und Varoon P. Anand zielte darauf ab, die Gefahr von KIs näher zu zeigen. Dabei machten sie anhand von gut geschnittenen Filmszenen darauf aufmerksam, wie anonyme Hacker Journalisten und Minderheiten in Indien angreifen, um Fehlinformationen zu verbreiten. Die Angst vor künstlicher Intelligenz ist momentan allgegenwärtig. Somit treffen Anand und Singh eigentlich genau den Nerv unserer Zeit. Leider ist die Umsetzung mehr als fragwürdig, da das Publikum sozusagen als Versuchskaninchen benutzt wurde.
Fragwürdige Bilder
Mit einer „Anonymus“-Hackermaske betritt Varoon P. Anand die Bühne und hält dabei eine Selfiecam in der Hand. Dabei werden sein Gesicht und die der Zuschauer:innen auf eine Leinwand projiziert. Damit kreiert er das mulmige Gefühl, die Live-Übertragung eines Hackers zu sehen. Er fragt daraufhin Freiwillige im Publikum, ob er ein Foto von ihnen schießen darf und nach ihren Namen, schließlich wurden die Leute zu Beginn vor Data-Sharing gewarnt. Die Fotos die Anand von den Zuschauerinnen und Zuschauern geschossen hat, wurden daraufhin genutzt, um mittels KI Fotos zu generieren, worin diese Personen ein Feuer vor der Uni legen oder sogar eine Waffe in der Hand halten. Natürlich zeigte dies gut, wie einfach man falsche Bilder und Fake News mit Hilfe von KI erzeugen kann, trotzdem muss man sehr vorsichtig sein mit sensiblen Inhalten. Personen aus dem Publikum mit Pistole in der Hand darzustellen ist sehr geschmacklos und verletzt das Persönlichkeitsrecht. Es wurden schließlich nicht humorvolle Bilder mit Wasserpistolen erzeugt, sondern erschreckend echte Bilder.
Auch das spätere Scharade-Spiel war mehr als grenzwertig. Eine Person aus dem Publikum musste auf der Bühne Wörter wie Prostituierte oder Araber erraten. Nach dem Ratespiel wurde daraufhin ein KI-generiertes Video von dem Teilnehmer erzeugt, in welchem er sagt „Arab, Terrorist, I keep saying this, no one can stop me!“ Aus den Wörtern des Zuschauers solch eine Aussage zu generieren ist sehr gefährlich und verletzend zugleich, sowohl für den Teilnehmenden selbst als auch für Leute mit arabischer Herkunft.
Garau Singh und Varoon Anand führten ein riskantes Experiment auf, mit welchem sie weit übers Ziel hinausgeschossen sind. Natürlich war der Auftritt sehr aufklärend und zeigte die Gefahren von KI in Indien und auf der ganzen Welt, aber man sollte das Gezeigte noch im Rahmen halten. Besonders wenn man mit dem Publikum spielt. Aus Bildern und Aussagen der Zuschauer Fotos mit Waffen und islamophobischen Hassreden zu erzeugen ist äußerst geschmacklos und verletzt das Persönlichkeitsrecht der Zuschauer. Für ihren nächsten Auftritt sollten sich Singh und Anand etwas mäßigen, weniger fragwürdige Bilder erzeugen und auf die Rechte und Gefühle der Zuschauer:innen besser Acht geben.
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