Proben in der Notaufnahme

Das Theater im OP: „Wie eine große Familie“

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In der Notaufnahme ist „Wachablösung“ – um 19 Uhr ist Schichtwechsel angesagt. Mit fünf DarstellerInnen ist die Produktion von „Verwanzt“ kleiner als die Truppe für den Klassiker, Shakespeares „Sturm“, die bis dahin in der „Notaufnahme“ probte. Die „Neuen“ haben sehr pünktlich geklopft, doch nun müssen sie noch eine kleine Weile warten. Kein Problem, sehr herzlich werden die dann Scheidenden begrüßt: Wie läuft`s bei Euch? Vielleicht sieht man sich im nächsten Stück wieder?

Bis das passiert, sind intensive Proben an der derzeitigen Arbeit angesagt: Der Termin für die Premiere steht: „Verwanzt“ soll am 11.01.23 starten. Anfang Dezember haben die Akteure ihren zweiten kompletten Durchlauf gespielt, auch zwischen den Jahren ging die Arbeit weiter. Die Bühnenaufbauten sind seit Beginn des derzeit laufenden Jahres in Arbeit.

Ursprünglich sollte das Stück von Tracy Letts schon im September 2022 Premiere feiern, erzählt Regisseur Justin Middeke. So habe das Team im Februar 2022, zunächst mit Online-Proben, begonnen. Anfangs hätten sie sich zweimal wöchentlich getroffen, in der Endphase kurz vor der Premiere komme das kleine Produktionsteam viermal in der Woche zusammen.

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Der Krankenpfleger hat ThOP-Erfahrung. Vom Spielen über Maske bis zur Öffentlichkeitsarbeit hat Middeke seit seinem Start vor sechs Jahren in viele Bereiche hereingeschnuppert. Für den Thriller „Verwanzt“ von Tracy Letts hat er nach Präsentation seines Konzepts seine erste eigene Regie bekommen.

Fast alle, die mitmachen, können mitreden aufgrund ihrer langjährigen Geschichte mit dem Universitätstheater. Dem Studium sind nicht nur die Schauspielerinnen Lisa Tyroller und Diana Kahms längst entwachsen. Der Spaß an der Sache hält sie dabei. Weil wie sie viele der Akteure im ThOP im Berufsleben stehen, ist es bei der Arbeit besonders wichtig, dass Beruf und Proben vereinbar bleiben. Mit guter Planung über viele Wochen sei das möglich, erklärt Middeke für das Amateurtheater, aus dem viele Akteure nach ihrer ThOP-Zeit laut Chef-Organisatorin Barbara Korte den Sprung ins professionelle Theater gewagt haben.

Seit 2009 betreut Korte das Theater im OP; sie managt alles – und das nur mit einer halben Stelle. „So ganz lange mache ich das nicht mehr“, sagt die resolute Frau nicht ohne Bedauern. In zwei Jahren laufe ihr Vertrag aus, im selben Jahr wird im Theater im OP 40-jähriges Bestehen gefeiert. Mit den Vorbereitungen für das Jubeljahr ist Korte schon seit Längerem beschäftigt.

Regulär ist Korte zuständig dafür, dass die Lehrangebote der Theaterbühne rechtzeitig öffentlich bereitgestellt werden. Die Studierenden belegen diese, um für sie nötige Credits anzusammeln. So können sie im Bachelor- wie im Masterstudiengang unter anderem ein Zertifikat im Berufsprofil Theaterpraxis erwerben. Bei den Kursen für Dramaturgie, Sprecherziehung und Schreiben oder Beleuchtung, Maske und Pressearbeit stehen Schlüsselqualifikationen auf der Agenda: Hier sind Team- und Projektarbeit zu erlernen.

Sogar für die Darstellenden einer Produktion würden studienrelevante Credits vergeben, erklärt Korte. Das sei für einige der Grund, warum sie auf das ThOP aufmerksam würden. Weil die Schlüsselkompetenzen mittlerweile fächerübergreifend gefordert würden, treffe man im ThOP auf keinen Fall nur auf Studierende der Germanistik, sagt die Fürsprecherin des etwas anderen Theaters. Sie betont, dass die Mitmachenden am ThOP nie nur auf der Bühne gefragt seien. Auch die Hauptfigur müsse manchmal Karten verkaufen.

Fast schon logisch, dass Kortes Aufgaben divers sind: „Ich bin der Punkt, an dem die Fäden zusammenlaufen“, sagt sie. Neben ihrem Einsatz für den Spielbetrieb kümmert sie sich um Verhandlungen und Verträge. Dabei gilt es, Aufführungsrechte einzuholen, Kontakte auch zu den Verlagen zu pflegen. Einmal im Monat veranstaltet sie ein Treffen mit den ehrenamtlichen MitarbeiterInnen. Oft kümmere sie sich um die Pressearbeit.

Zu Kortes Aufgaben gehört auch die Zuteilung des Theaters zu den Produktionen. Sechs bis acht Gruppen probten oft parallel. Für die Proben gebe es grundsätzlich drei Räume: die alte Notaufnahme unter dem Theater, in dem die beschriebene Probe ablief, einen kleineren Raum in der Humboldtallee und natürlich das Theater. Weil die Stückerarbeitung als Lehrveranstaltung gelte, stehe während des Semesters außerdem ein Seminarraum zur Verfügung, so Korte. Im letzten Probenmonat mit Premiere und den anschließenden Aufführungen ziehe jede Produktion ins ThOP. Sehr traurig sei der Tag nach der Dernière, wenn der Auszug aus dem ThOP angesagt ist. Viele Beteiligten fielen dann in ein großes ThOP-Loch.

„Kommunikation ist bei uns sehr wichtig“, betont Korte. Wenn eine Gruppe dringend proben müsse, aber nicht den richtigen Raum bekommen habe, sprächen sich die Regisseure ab. Grundsätzlich gelte, man helfe einander. Am schönsten findet die Organisatorin Produktionen mit ThOP-Erfahrenen und Neuzugängen. Die „alten Hasen“ würden die Neuen einweisen, erprobte Praktiken würden so weitergegeben. Die Corona-Zeit sei nicht einfach gewesen, sagt Korte. In der zu langen Zeit habe es kaum Nachwuchs gegeben. Außerdem sei wegen der Pandemie so manches Stück nicht zur Aufführung gekommen.

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Diana Kahms und Lisa Tyroller bei der Probe in der Notaufnahme.
Lizensiert gemäß Alle Rechte vorbehalten von Ute Lawrenz

Diana Kahms und Lisa Tyroller bei der Probe für „Verwanzt“ in der Notaufnahme.

Als wissenschaftliche Mitarbeiterin gibt Korte eine Lehrveranstaltung im Semester: die Einführung in die Theaterpraxis. „Ab und zu mache ich auch mal ein Stück“, doch da müssten die Voraussetzungen stimmen, betont sie. Denn diese Arbeit sei sehr zeitintensiv.

Doch das ist ihre Organisationsarbeit auch. „Jeder Tag ist anders“, erzählt die Fürsprecherin für das Theater. Was sie sich vornehme, klappe selten. So sei es für sie fast ein Glücksfall gewesen, dass sie bei einer der jüngsten Produktionen, „Oh! Ah! Mmh!“, sogar selbst auf der Bühne stehen durfte. Erst einen Monat vor der Premiere habe sie auf Anfrage die Rolle übernommen. Es sei für sie schön und auch sehr wichtig gewesen, mal wieder Teil eines Ensembles zu sein. Dann sei die Perspektive noch einmal anders. Für ihre Koordinationsarbeit habe sie vieles mitnehmen können. Unlängst sei sie damit beschäftigt gewesen, dass im Theater ein Deckenlicht kaputt war. „Nicht jeder kann die Scheinwerfer anmachen, erklärt sie. Und Licht sei oft wichtig, man denke nur daran, dass die Räume auch gereinigt werden müssten.

„Jeder kann mitmachen“, stellt Korte heraus. Einmal im Jahr gibt es beim ThOP einen Vorstellungsabend, an dem sich das Universitätstheater Interessierten präsentiere. An diesen Abenden könnten sie erste Kontakte knüpfen. Wer zu dem Termin verhindert sei, könne sich auf der Internetseite informieren.

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Die Regieassistenten Theo Ockert und Klara-Marie Misler beraten mit Regisseur Justin Middeke (v.l.)
Lizensiert gemäß Alle Rechte vorbehalten von Ute Lawrenz

Die Regieassistenten Theo Ockert und Klara-Marie Misler beraten mit Regisseur Justin Middeke (v.l.)

Für die studentische Hilfskraft Klara-Marie Misler, die Korte in Sachen ThOP unterstützt und sich bei „Verwanzt“ mit Theo Ockert als Regieassistent(in) einbringt, ist das Universitätstheater wie „eine große Familie“, die sie auf keinen Fall missen möchte. Sie findet es toll, ein Hobby zu haben, bei dem so ein großes Endprodukt herauskomme. Das Stück „Verwanzt“, bei dem sie beteiligt ist, hat am 11.01. um 20.15 Uhr Premiere.

Weitere Informationen hier bei kulturis unter theater-im-op.de.

Verfasser:in

Ute Lawrenz

Journalistin und Autorin des kulturis-Magazins

Im Artikel genannt

Im Artikel genannt
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Ein Tisch, darauf ein voller Aschenbecher, von der linken Seite greift eine Hand nach einem Telefonhörer.

Tracy Letts: Verwanzt

Agnes, Anfang 40 und Kellnerin in Oklahoma City, wohnt in einem billigen Motelzimmer, um sich vor ihrem Ex-Mann, dem frischgebackenen Ex-Knacki Goss, zu verstecken. Zusätzlich zu seinen Belästigungen hängt ihr auch das Verschwinden ihres Sohnes vor einigen Jahren nach. Einen Mann hatte sie seit...

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