Auf drei Etagen können Besucher:innen zusammen mit Mona Kuhn Rudolph Schindler und sein Schindler-House kennenlernen, aber auch die imponierende und effektvolle Kunstausstellung von der Künstlerin selbst erleben. Der Gang durch das Haus ist wie eine Führung. In der ersten Etage wird Photographie als Dokumentation verwendet, in der zweiten Etage als Illustration und in der obersten Etage, als Highlight, wie Mona Kuhn es selbst empfindet, wird Photographie in Form einer immersiven Videoinstallation präsentiert.
Bereits bei ihrem ersten Besuch im Schindler-Haus, fühlte sich Mona Kuhn von Beginn an wohl und spürte einen Bezug und Sog zu dem Haus. Es war für sie wie nach Hause kommen, verrät die Photographin. Das sehr minimalistisch gehaltene Haus besticht für Kuhn durch einen schlichten aber durchdachten Aufbau. Der Rücken, wie sie die Rückseite des Hauses charakterisiert, besteht aus einer schlicht belassenen Betonwand. Nach vorne hin ist das Haus durch aus Japan stammende Schiebeplanen und viel Glas offen gestaltet. Auf diese Weise wird die Seele sichtbar, befindet Kuhn.
Den Beginn der Ausstellung – eine tragische Liebesgeschichte - stellt auch den Start Kuhns Arbeit dar und den Auftakt ihrer Suche und kreativen Schaffensphase. Ein Brief Schindlers an eine uns unbekannte Frau, in welchem er ihre Gefühle und romantischen Wünsche abweist. Der handgeschriebene Brief bedeutet für Kuhn, erläutert sie, den Beginn ihrer persönlichen Fiktion dieser Frau und erlaubt ihr sich aufgrund der Anonymität der Geliebten Schindlers, ein eigenes Bild mit persönlichen Akzenten zu illustrieren.
Im Erdgeschoss wird eben jener Beginn der Auseinandersetzung Kuhns mit Schindler dargestellt. Der Gang durch die Briefe, Skizzen und Bilder fühlt sich wie ein Gang durch ein Archiv an. Das gedimmte Licht und der Klang des Tippens auf einer Schreibmaschine verstärken die Illusion eines Archivaufenthaltes. Für Mona Kuhn ist es wichtig, wie sie betont, den Besucher:innen das Gefühl ebenfalls Recherchearbeit zu betreiben. Sich wie sie in den Archiven durch Briefe, Bilder und Skizzen zu wühlen und auf der Suche nach den Geheimnissen rund um Rudolph Schindler zu sein. Im ersten Raum, wie auch in den anderen Galerien, werden die Besucher:innen von Klängen, wie das Tippen auf einer Schreibmaschine begleitet.
Die erste Etage steht ganz im Zeichen der illustrierenden Photographie. Ein Teil der gezeigten Bilder ist mittels der Solarisationstechnik gedruckt worden, hierbei entstehen bewusst fehlende Stellen in der Abbildung. Die Solarisationstechnik war, erzählt Mona Kuhn schmunzelnd, ein Unfall in der Belichtungskammer. Zusammen mit dem Kurator der Ausstellung Gerhard Steidl probierte sie in aufwendigen Versuchen mehrmalig, die Photographien perfekt zu drucken. In ihren Bildern spielt sie mit Zeit, Raum und Räumen, mit Schatten und mündet in der Solarisationstechnik. Diese Technik agiert in diesem Spiel sowohl als Mittel als auch als Bindeglied zu den Techniken des beginnenden 20. Jahrhunderts und illustriert auf diese Weise ein Bild einer rätselhaften Frau.
Der Höhepunkt der Ausstellung liegt in der zweiten Etage – die immersive multidimensionale Video- und Klanginstallation. In der Installation werden die unbekannte Frau und Geliebte nun mit der Architektur und dem Architekten zusammengebracht. Korrespondierend zu den Motiven die in den Photographien der zweiten Etage schließt sich der Kreis in der Videoinstallation. Wieder spielt Mona Kuhn mit der Realität und dem Surrealen. Was sich in der Photographie durch die Solarisationstechnik zeigt, wird in der Installation aufgrund der halbtransparenten Screens sichtbar. Das Video scheint durch diese hindurch und erzeugt hinter den Screens einen weiteren Abdruck des Films. Auch hier werden die Fragen der Realität und Fiktion aufgeworfen. Der Gang zwischen Screens und Wand erzeugt zudem einen weiteren Bereich der gefüllt werden kann, aber zunächst leer und unbestimmt ist.
Mona Kuhn gelingt es ein Gefühl für die Zeit zu erzeugen und die Besucher:innen in die Zeit der 20er Jahre zu begleiten. Die wirkungsstarken und eindrücklichen Photographien bestechen durch ihre Ästhetik, zugleich transportieren diese auch ein Gefühl für die Architektur des Rudolph Schindlers. Eine harmonisch in sich stimmige und für einen besuch lohnende Ausstellung.
Die Ausstellung von Mona Kuhn »Kings Road – A Rudolph Schindler House« ist noch bis zum 4. Juni 2023 im Kunsthaus Göttingen zu sehen. Das Kunsthaus ist donnerstags von 15 bis 18 Uhr und freitags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.
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Im Artikel genannt
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Kunsthaus Göttingen
»Das Kunsthaus Göttingen ist ein Haus für Alle – unabhängig von Alter, Bildungsstand oder Geldbeutel. Dafür bieten wir in den ersten Jahren auch den freien Eintritt an, damit jede*r das Haus kennenlernen und genießen kann.«
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