Sein Konzertdebüt hat der Kammerchor der Universität Göttingen gegeben: in der vergangenen Woche gab es erstmals ein eigenes Programm dieses neu gegründeten Ensembles. Dabei wurden gleich mehrere Premieren gefeiert. Am Ende feierte das Publikum alle Mitwirkenden in der ausverkauften Universitätskirche St. Nikolai.
Der Reihe nach: Erstmals konzertierte der Kammerchor der Universität, erstmals gab es ein Konzert gemeinsam mit Mitgliedern des Universitätsorchesters, erstmals spielten diese auf historischen Instrumenten und erstmals gab es ein Konzert der Universitätsmusik gemeinsam mit Musiker:innen des Göttinger Barockorchesters.
Im Mittelpunkt stand freilich die Musik: Das Requiem von Wolfgang Amadé Mozart (1756-1791) in der Fassung, die von seinem Schüler Franz Xaver Süßmayr (1766-1893) vollendet wurde. Sowohl die kleine Besetzung des Chores mit knapp 40 Sänger:innen als auch die Verwendung historischer Instrumente erlaubte es dem Dirigenten Antonius Adamske, mit seinen Ensembles sehr beweglich und differenziert zu musizieren. Es ergaben sich durch sein engagiertes Dirigat ein stets klarer Klang und immer wieder überraschende Pointierungen und dynamische Affekte. Chor und Orchester folgten Adamske stets aufmerksam, genauso wie die vier Gesangssolist:innen Marlen Korf (Sopran), Michelle Baum (Alt), Clemens Liese (Tenor) und Janno Scheller (Bass).
Für die Mitglieder des Universitätsorchester ist es ungewohnt, auf historischen Streichinstrumenten mit Darmsaiten, mit historischen Bögen und einer anderen Spieltechnik zu spielen. Der Konzertmeister des Göttinger Barockorchesters Hans-Henning Vater coachte die Streichergruppe intensiv. Gemeinsam bildeten beide Ensembles einen wunderbaren Orchesterklang.
Enorme Innigkeit und Intensität
Der Kammerchor hatte seine Aufgabe nicht nur einfach gut erfüllt: Der Klang, die Intonationssicherheit und die technischen Fähigkeiten des Ensembles sind enorm. Das war vor allem im A-Cappella-Block zu hören, den Adamske in das Programm eingebaut hatte: Nach jenen Requiem-Teilen, die Mozarts eigene Handschrift trugen, erklang das Requiem »Seele, vergiss sie nicht« von Peter Cornelius (1824-1878) auf einen Text von Friedrich Hebbel sowie die drei sechsstimmigen Gesänge op. 39 von Max Reger (1873-1916). Peter Cornelius schuf mit seiner anspruchsvollen Motette ein ergreifendes romantisches Chorstück, das der Kammerchor der Universität mit großer Perfektion, aber auch mit enormer Innigkeit und Intensität zur Aufführung brachte. Die „Drei Chöre“ opus 39 von Max Reger sind im umfangreichen Programmheft als „schwere Kost“ überschrieben. Und das ist sicher noch untertrieben: man hört diese Stücke eigentlich nur von professionellen Chören. Die Sammlung gilt als anspruchsvoll, sowohl aufgrund der stimmlichen Anforderungen als auch der dichten harmonischen Strukturen.
Dass Adamske diese seinem neuen Kammerchor zutraute, erscheint mutig. Das Ergebnis aber gibt ihm recht: mit unglaublichem Ausdruck und einer großen Tiefe wurden diese drei komplexen Motetten gesungen.
Tief beeindruckt von diesen beiden A-Cappella-Blöcken konnten anschließend jene Teile des Requiems gehört werden, die von Süßmayr alleinverantwortlich verfasst wurden. Am Ende des Konzertes stand ein ergriffenes Schweigen, bevor sich das Publikum zum jubelnden Applaus erhob.
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