Basierend auf Éric Assous Liebes-Komödie, entfacht Rebentisch ein heftiges Beziehungsduell, das mit viel Witz und Charme durchaus überzeugen kann. Nach einem Filmabend gerät die heile Ehewelt von Didier und Karine völlig ins Wanken. Die beiden haben sich gerade »Die Brücken am Fluss« angeschaut und Karine hinterfragt plötzlich ihr Eheleben. Sie stellt sich und ihrem Mann die großen Fragen: Bist du glücklich? Gefällt dir dein Leben? Hast du überhaupt noch Schmetterlinge im Bauch? Er stellt sich aber gar keine Fragen und bleibt stumpfsinnig. Das ist doch nur ein Film und ich will nur schlafen, heißt es. Doch Karine lässt nicht locker und es folgen hitzige Wortgefechte, bis schließlich sogar die gesamte Ehe auf dem Spiel steht, und dass nur wegen des Films?!
Verkörperung unserer Sehnsüchte
Andrea Strube als Karine und Marco Matthes als Ehemann Didier stellen hier zwei glaubwürdige Figuren dar, mit denen man sich wirklich identifizieren kann. Viele von uns kennen dieses Gefühl sicherlich: Man ist schon länger in einer Beziehung und sehnt sich nach mehr Aufregung und Abenteuer. Diese Gefühlswelt kann Andrea Strube dem Publikum gut vermitteln, vor allem wegen ihrer angenehmen Stimme, der man stundenlang zuhören könnte. Nachdem sie »Die Brücken am Fluss« gesehen hat, fängt Strube als Karine völlig an zu Schwärmen und zu Träumen. Ihre totale Begeisterung für die Geschichte, in welcher Ehefrau Meryl Streep sich Hals über Kopf in Haudegen Clint Eastwood verliebt, kauft man ihr vollkommen ab. „Leidenschaft, weißt du was das ist?! Ich will wieder dieses Kribbeln fühlen!“ Wie ein verträumtes junges Mädchen spielt sie ihre Karine und wird somit die Verkörperung unserer Sehnsüchte. Ihre Verträumtheit macht viel vom Charme der Komödie aus. Alltagssituationen, die zum langweilen Trott werden, wie abends auf der Coach Fernsehgucken, hat Regisseurin Leonie Rebentisch zudem gezielt ausgesucht. Durch diese kann man sich als Zuschauer noch besser in die Lage der Figuren versetzen und mitfiebern, mitleiden oder mitlachen.
Marco Matthes ist die Kehrseite der Medaille und sorgt für ordentliche Lacher im Stück. Er ist der Normalo-Ehemann und Realist. Seine Reaktion auf Karines plötzlichen Sinneswandel: „Das war dieser Film! Hätten wir doch lieber Tatort geguckt!“ Solche trockenen Sprüche und Witze von Matthes brachten die ZuschauerInnen richtig zum Lachen und waren die kleinen, aber feinen Highlights des Stücks. Als seine Frau auf einmal zugibt, dass sie ihn zwar nicht betrüge aber bereit dazu wäre, gerät die Situation außer Kontrolle. Was mit einer Nacht in getrennten Betten beginnt, endet mit Scheidungspapieren. Matthes als Didier bemüht sich zunächst noch, die Ehe zu retten. Glaubwürdig verkörpert er einen Mann, der mit kleinen Gesten um die Liebe seiner Frau kämpft: Nervös und voller Eifer bereitet er seiner Karine ein Frühstück mit ihren Lieblingsspeisen zu und schlägt einen sonnigen Urlaub vor. Dies lässt die in ihrer Fantasie lebenden Karine aber leider kalt. Sie sucht nach wie vor nach dem großen leidenschaftlichen Abenteuer. Durch sein Bemühen wird Didier der Sympathieträger.
Kribbeln wie im Kino
Wie zu erwarten, kommt es zu heftigen Streitereien zwischen den beiden. „Ihr zankt euch wie ein altes Ehepaar“- die feurige Chemie zwischen den beiden Darstellern stimmt wirklich gut, sodass sie dieses Klischee einwandfrei verbildlichen. Die Tage vergehen und Didier sieht nun, wie Karine auf Rendezvous geht und neue Bekanntschaften macht. Sie sucht dieses Kribbeln, was man aus Filmen kennt. Kann sie dieses Gefühl aber wirklich im realen Leben finden? Didier lässt sich dies nicht mehr gefallen und geht selbst aus, merkt aber, dass er nicht über Karine hinwegkommt. Ob Karine vielleicht auch so fühlt und wieder zur Besinnung kommt?
Auch die Kulisse der Komödie kann sich sehen lassen: Zunächst ist der Veranstaltungsort, der dt.x Keller gut gewählt für einen entspannten „Filmabend“. Aufblinkende Lichter suggerieren das Fernsehflimmern, eine kreative Idee. Darüber hinaus ist die in roten Farben gehaltene Kulisse schön ansehnlich. Sie ist zwar einfach gestaltet, ein rotes Sofa vor rot-schwarzem Hintergrund, hat aber einen angenehmen romantischen Effekt und lenkt auch nicht zu sehr vom Geschehen ab. Die Blöcke des Sofas werden dann bei Szenenwechsel umgebaut, um beispielsweise einen Esstisch in der Küche oder andere Möbel darzustellen. Des Weiteren werden bei jedem Szenenwechsel französische Chansons gespielt, die natürlich perfekt die Stimmung und den Flair von Éric Assous‘ Werk wiedergeben.
Charmante, glaubwürdige Darsteller und trockener Humor machen »Auf dünnem Eis« zu einem entspannten, aber auch zum Nachdenken anregenden Theaterstück. Die Situationen und Dialoge von Andrea Strube und Marco Matthes sind beinahe wie aus dem Leben gegriffen. Als Zuschauer:in kann man sich verdammt gut mit den beiden Darstellern identifizieren, da sich das Schauspiel ziemlich echt anfühlt. Sind wir noch glücklich miteinander? Oder müssen wir mehr für unser Glücklichsein tun? Wer deftige Liebeskomödien mag, kommt bei »Auf dünnem Eis« also voll auf seine Kosten.
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