Kunsthaus Göttingen

Lichtscheue Exponate mit weitreichender Leuchtkraft

Veröffentlichungsdatum

Die Fassade in Rillenoptik wie aus dem 3D-Drucker, nahezu fensterlos, sticht heraus – und fügt sich gleichermaßen ein in die gotische Fachwerknachbarschaft in der Düsteren Straße. 2021 wurde das Kunsthaus Göttingen eröffnet. Was hier ausgestellt wird, scheut das Sonnenlicht: Papier, Fotografie, Medien aller Art. Die besondere Architektur des Hauses bietet Schutz und hält das Licht fern, doch das Innenleben des Kunsthauses kann durchaus erhellend sein für Geist und Seele.

Medien, in welcher Form auch immer, sind einerseits die Spiegel und Informationskanäle einer Gesellschaft, andererseits bieten sie weitreichende Möglichkeiten der Manipulation. Bildung oder Gleichschaltung? Der Umgang mit Medien erfordert kritisches Denken und Hinterfragen, bietet aber auch Möglichkeiten der Mitteilung, die über das gesprochene Wort hinausgeht. Was ist Abbild der Wirklichkeit? Was verändert die eigene Wahrnehmung? Was öffnet den Blick und erweitert das eigene Wissen? Und wo werden Grenzen gesetzt? Das Kunsthaus bietet Raum für Ausstellungen hochkarätiger Künstler*innen, die Medien vielschichtig nutzen, um Kunst einen neuen Ausdruck zu verleihen.

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Zurzeit wird die erste große Ausstellung für das Jahr 2024 vorbereitet. Die international bekannte litauische Künstlerin und Filmemacherin Emilija Škarnulytė wird hier ihre neuesten Videoarbeiten, Skulpturen und Objekte ab Februar 2024 präsentieren. Die Innenwände des Kunsthauses wurden dafür schwarz gestrichen, um die Videos, die zum Teil durch spiegelnde Decken in neue Dimensionen gebracht werden, hervorzuheben. Raum und Exponate werden zueinander in Bezug gesetzt. „Emilija Škarnulytė legt großen Wert darauf, ihre Kunst mit der jeweiligen Architektur zu verbinden und dadurch eine einmalige Sichtweise entstehen zu lassen“, erklärt die Kuratorin Lotte Dinse und ergänzt: „Allerdings werden auch zu fast jeder unserer Ausstellungen die Räume neu gestaltet. Das ist wirklich viel Arbeit, und es ist kostspielig. Aber es lohnt sich!“

Das Kunsthaus kann sich dank seiner zurückhaltenden Architektur mit nackten Betonwänden den jeweiligen Themen- und Gestaltungsschwerpunkten anpassen. Nichts stört, nichts gibt Rahmen, Farben, Materialien, Klang oder Lichteinflüsse vor. Vielfältige und mehrdimensionale Verwandlungen der Räume sind möglich. Nur das Foyer liegt hinter dem Eingang aus Glas und führt im hinteren Bereich in einen hellen Innenhof mit einer Spielfläche für Kinder. 

Ein fensterloser Ausstellungsraum liegt im Erdgeschoss, zwei weitere in den Obergeschossen mit jeweils ca. 120 m² Fläche. „Diese Innenarchitektur hat den Vorteil, dass wir die Dramaturgie der Ausstellungen entlang der einzelnen Stockwerke sehr spannungsvoll gestalten können“, sagt Lotte Dinse. Und auch bei Gruppenausstellungen könne jeder Raum einer bestimmten Werkgruppe oder künstlerischen Position gewidmet werden. 

Im Dachgeschoss bietet sich dann ein ganz anderes Bild: Licht flutet durch große Fensterfronten in den hell gestalteten Raum. Ausblicke auf die Dachlandschaft der Göttinger Innenstadt und auf das Kunstquartier in unmittelbarer Nachbarschaft unterstreichen die zentrale Lage des Kunsthauses. Das 100 m² große Forum mit Dachterrasse und angrenzender Catering-Küche kann gebucht werden für Veranstaltungen, Workshops, Kindergeburtstage, Seminare, Vorträge, Meetings und mehr.

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Kunsthaus Göttingen Aussenansicht
Lizensiert gemäß Alle Rechte vorbehalten von Emilia Hesse

Das Kunsthaus Göttingen in der Düsteren Straße sticht mit seinem besonderen Design hervor

„Wir möchten Hemmschwellen abbauen, sich mit Kunst auseinanderzusetzen. Daher sind die Ausstellungen eintrittsfrei zugänglich, was nur dank der Unterstützung durch Sartorius möglich ist. Zudem bieten wir für alle Ausstellungen ein Begleitprogramm für ganz unterschiedliche Zielgruppen an“, erklärt Lotte Dinse. Sogar bei Kreativ-Angeboten für Kindergeburtstage können vertiefende Aspekte der Ausstellungen spielerisch und altersgerecht erarbeitet werden. Kooperationen mit anderen Einrichtungen, zum Beispiel Kinos oder dem benachbarten Kunstquartier, sollen langfristige Perspektiven bieten, um das lokale und regionale Publikum zu binden und immer wiederkehren zu lassen. Die Präsentationen hochkarätiger Künstler*innen sollen aber auch ein internationales und diverses Publikum ansprechen, das in der Universitätsstadt ebenfalls zu finden ist. Außer durch Sponsoren wird das Kunsthaus über die Stadt Göttingen, aus unterschiedlichen Förderprogrammen und aus Eigenmitteln finanziert. 

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Lotte Dinse beim Vorbereiten der aktuellen Ausstellung
Lizensiert gemäß Alle Rechte vorbehalten von Malena Graf als "Kunsthaus Göttingen"

Lotte Dinse beim Vorbereiten der aktuellen Ausstellung

Zurzeit hört man vor allem den Akkuschrauber, mit dem die Sperrholzkisten aus Litauen geöffnet werden. Im Erdgeschoss geben ein paar Requisiten bereits Hinweise darauf, dass Emilija Škarnulytė selbst solche Details wie Sitzmöglichkeiten für die Besucher*innen ins Gesamtkonzept einbezieht. 

Ein Parcours im ersten Obergeschoss, der hier eigens für die Ausstellung angelegt wurde, führt wie ein Irrgarten durch den Raum. Der Weg ins Innere ist nicht vorgegeben, die Besucher*innen entscheiden die Richtung selbst. Dazu erklärt die Kuratorin: „Emilija Škarnulytė reflektiert Fragen aus der Tiefenzeit – woher kommen wir, wer sind wir, was wird von uns übrigbleiben? – und verbindet wissenschaftliche, technische, politische, ökologische und mythologische Perspektiven miteinander. Die Besucher*innen schlüpfen in die Rolle zukünftiger Archäologen und blicken auf die Spuren, die wir aus unserer Gegenwart in der Erdgeschichte hinterlassen.“ In dieser Ausstellung dürfen die Gäste tief eintauchen in eine dystopische Welt, in der Zeit eine andere Dimension erreicht. 

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Ausschnitte aus RAKNE
Lizensiert gemäß Alle Rechte vorbehalten von Emilija Škarnulytė

Ausschnitte aus RAKHNE von Emilija Škarnulytė

Emilija Škarnulytė – Multimedia-Installationen / Skulpturale Objekte

Emilija Škarnulytė beschäftigt sich mit den Auswirkungen technologischer und wissenschaftlicher Entwicklungen auf die Erde und thematisiert die komplexen Zusammenhänge zwischen Ressourcennutzung, Umweltzerstörung und Geopolitik. 
In ihren Filmen sind es mythologische und fiktive Figuren, die die Ruinen der Menschheit erkunden – Sphären und Orte, die unheimlich und dystopisch, fantastisch und futuristisch wirken. In ihren Werken verknüpft die Künstlerin auf spannungsvolle Weise Dokumentation und Sciencefiction, Organisches und Technologisches, Imagination und Realität.
Im Fokus der Präsentation stehen die Videoarbeiten „t ½“ (2019) und „Rakhne“ (2023). Für ihre Filme begibt sich Emilija Škarnulytė stets an besondere Orte, die von vergangenen politischen Ereignissen oder gegenwärtigen wissenschaftlichen Forschungen geprägt sind wie das stillgelegte Kernkraftwerk Ignalina in Litauen und nukleare U-Boot-Kanäle am Polarkreis. Zudem arbeitet sie mit computergenerierten Bildern und KI-generierter polyvokaler Musik, setzt sich mit Datenspeicherung auseinander und untersucht, wie Daten gegenwärtig konstruiert und mythologisiert werden. Die poetischen audiovisuellen Inszenierungen laden zu einer meditativen Reise durch unsere Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ein. 

Die Ausstellung wird am Freitag, 2. Februar 2024, um 18 Uhr offiziell eröffnet und ist dann vom 3. Februar bis 21. April 2024 im Kunsthaus Göttingen, Düstere Straße 7, zu sehen. Der Eintritt ist frei. 

Öffnungszeiten: donnerstags von 15 – 18 Uhr (am ersten Donnerstag im Monat bis 20 Uhr), freitags bis sonntags 11 – 18 Uhr.

Infos: kunsthaus-goettingen.de

Autor:in

Claudia Nachtwey

Gründerin von Clanys Eichsfeld Blog und Autorin des kulturis-Magazins

Fokus

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Im Artikel genannt

Im Artikel genannt

Kunsthaus Göttingen

»Das Kunsthaus Göttingen ist ein Haus für Alle – unabhängig von Alter, Bildungsstand oder Geldbeutel. Dafür bieten wir in den ersten Jahren auch den freien Eintritt an, damit jede*r das Haus kennenlernen und genießen kann.«

Adresse
Düstere Straße 7, Göttingen
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Ausschnitte aus RAKNE
Ausstellungen

Emilija Skarnulyte

Ausstellung mit Multimedia-Installationen und Skulpturalen Objekten

Das Kunsthaus Göttingen präsentiert eine umfassende Einzelausstellung der litauischen Künstlerin und Filmemacherin Sie ist international bekannt für ihre raumgreifenden immersiven Video- und Multimedia-Installationen. In ihren Arbeiten beschäftigt Škarnulytė sich mit den Auswirkungen technologischer...

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Vernissage
Ausstellungen

Vernissage - Ausstellungseröffnung

Vernissage der Emilija Skarnulyte Ausstellung mit Multimedia-Installationen und Skulpturalen Objekten

Das Kunsthaus Göttingen präsentiert eine umfassende Einzelausstellung der litauischen Künstlerin und Filmemacherin Sie ist international bekannt für ihre raumgreifenden immersiven Video- und Multimedia-Installationen. In ihren Arbeiten beschäftigt Škarnulytė sich mit den Auswirkungen technologischer...

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Kunsthaus Göttingen
Ausstellungen

Dialogischer Ausstellungsrundgang

Ausstellungsrundgang mit der Kuratorin Lotte Dinse / kostenfrei

Kostenfrei zum Eröffnungswochenende! Die litauische Künstlerin und Filmemacherin Emilija Škarnulytė ist international bekannt für ihre raumgreifenden immersiven Video- und Multimedia-Installationen. In ihren Arbeiten beschäftigt Škarnulytė sich mit den Auswirkungen technologischer und...

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ART_LAB
Workshop

ART_LAB: Labor zur Untersuchung künstlerischer Strategien im Ausstellungsraum

/ Folien—Licht & Wort—Skizzen / *for all ages and abilities / 5-8 Euro pay as you wish

ART_LAB: Labor zur Untersuchung künstlerischer Strategien im Ausstellungsraum / Folien—Licht & Wort—Skizzen Spaß am Forschen, Erproben? Lust auf Gestalten? Dann kommt zusammen mit einer Freundin, Ihrer Oma oder Ihrem Kind zum ART_LAB! Auf künstlerisch-forschende Weise untersuchen wir den...

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SILENT_Talks
Ausstellungen

SILENT_Talks: Rundgang mit nonverbalen Begegnungen in der Ausstellung

Schon einmal ganz ruhig durch eine Ausstellung gelaufen und dabei auf Ihr Umfeld reagiert? Stillschweigend betreten wir den Ausstellungsraum und lassen die künstlerischen Arbeiten der Künstlerin laut werden!

SILENT_Talks: Rundgang mit nonverbalen Begegnungen in der Ausstellung Schon einmal ganz ruhig durch eine Ausstellung gelaufen und dabei auf Ihr Umfeld reagiert? Stillschweigend betreten wir den Ausstellungsraum und lassen die künstlerischen Arbeiten der Künstlerin laut werden! Über nonverbale Mittel...

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dialogische Tour
Ausstellungen

Dialogical tour through the exhibition - bilinugal -

Zweisprachiges Angebot auf Englisch & Deutsch

Dialogical tour through the exhibition / bilingual / zweisprachiges Angebot auf Englisch & Deutsch Gemeinsam erschließen wir uns das multimediale, raumgreifende Werk von Emilija Škarnulytė. Der dialogische Rundgang durch die Ausstellung spricht verschiedene Wahrnehmungsebenen an und wird an diesem...