Kulturverein Rittmarshausen

Zu den überregional beachteten Highlights gehören Events wie „Jazz ohne Gleichen“, wo dann auch mal Größen wie Nils Landgren und Joey Baron zu Gast sind, oder Lesungen im Göttinger Literaturherbst – zuletzt mit dem bekannten Schauspieler Benno Fürmann.

„Allerdings bringen wir Kultur nicht nur ins Dorf, sondern in die Dörfer“, betont der Vorsitzende den Plural, denn für die vielfältigen monatlichen Veranstaltungen gebe es glücklicherweise die jeweils passenden Bühnen auch außerhalb der Kulturscheune. In der St.-Marien-Kirche in Rittmarshausen und in der Wehrkirche in Sattenhausen werden zum Beispiel klassische und geistlich-spirituelle Konzerte präsentiert, im Gartekrug Rittmarshausen findet einmal im Monat der Kulturstammtisch statt, weitere Kulturveranstaltungen und Seminare können außerdem im Schlosssaal oder im Dorfgemeinschaftshaus Sattenhausen angeboten werden.

2014 wurde der Kulturverein gegründet. Doch bevor sich die engagierten Mitglieder der Kultur und den schönen Künsten widmen konnten, ging es ganz bodenständig mit Bagger, Hammer, Schaufel und Schubkarre an den Umbau der Backsteinscheune aus der Zeit um 1900. Dämmung, Fußböden und moderne Glasfronten hinter den alten Holztoren wurden eingebaut, Heizungsrohre und Wasseranschlüsse verlegt, und als Herzstück kam noch die Veranstaltungstechnik mit hochwertigem PA-System dazu. Fertig ist die Kulturscheune noch längst nicht. Aber trotz aller Umbaumaßnahmen bleibt der Scheunen-Charme des Gebäudes erhalten, das nun quasi selbst als Metapher für Kultur im ländlichen Raum dienen könnte.

„Wenn wir nichts losmachen, ist hier nichts los“, beschreibt Holger Hoyck ein Problem, das viele Dörfer haben: große Veranstalter und international bekannte Künstler*innen werden nicht von allein aufs Land kommen. Die Menschen vor Ort müssen schon selbst Möglichkeiten schaffen, die sowohl der Dorfgemeinschaft dienen, als auch das kulturelle und gesellschaftliche Blickfeld erweitern. Und wenn es eine gute Infrastruktur gibt, ziehen – so hofft man im Vorstand – auch junge Familien aufs Dorf und bringen sich mit ein. Bestenfalls führt dann die junge Generation das weiter, was von den Vorgängern schon etabliert wurde. „Gut angenommen werden zum Beispiel die Seminare, insbesondere die für Kinder wie der Clowns Workshop im vergangenen Jahr. Wenn wir die Kinder schon früh an die Kulturarbeit heranführen, sind sie später vielleicht selbst bereit, sich zu engagieren“, sagt Franz Wittekind mit Blick auf die Nachwuchs-Akquise. Generationenübergreifend von Jugendlichen bis zu deutlich älteren Semestern arbeitet die Theater Compagnie Gleichen, die sich wöchentlich zum gemeinsamen Proben trifft und jedes Jahr ein Stück öffentlich aufführt.

Da die Zahl der potenziellen Kultur-Fans auf dem Land dennoch überschaubar bleibt, ist der Kulturverein darauf angewiesen, gerade für die größeren Veranstaltungen auch Gäste aus anderen Orten und aus Göttingen in die Kulturscheune zu locken. Das funktioniert einerseits durch Netzwerke. Zum Beispiel werden gemeinsam mit dem Göttinger Literaturherbst oder der Reihe Kultur im Kreis (Landkreis Göttingen) Veranstaltungen mit großer Strahlkraft aufs Dorf geholt. Zudem hat sich die Reihe „Jazz ohne Gleichen“ (6. - 8. September 2024), die der Kulturverein in Eigenregie inszeniert, weit über die Region hinaus einen Namen gemacht. Dabei hat sich die Kombination aus Konzerten mit weltweit renommierten Musiker*innen, einem Symposium zu gesellschaftlich-kulturellen Themen und Workshops für alle Altersgruppen etabliert, um sowohl Jazz-Neulingen niedrigschwelligen Zugang zu verschaffen als auch Jazz-Kennern Austausch zu ermöglichen.

„Verstärkt wollen wir soziokulturelle Anreize bieten“, sagt Matthias Heintz. Die Menschen sollen über Kultur miteinander in Kontakt kommen, bei Workshops ebenso wie bei geselligen Treffen. „Und auch gesellschaftspolitische Themen greifen wir mit unseren Veranstaltungen auf und regen zum Diskurs an“, erklärt der Vorsitzende und verweist auf die aktuelle Lesung mit Olivier David über Kinderarmut in Deutschland (am 15. März 2024).

Ein neues Konzept soll Ausflügler aus anderen Ortschaften nach Rittmarshausen bringen, die dann auch gleich das vielfältige Programm der Kulturscheune entdecken könnten. „Im Sommer wollen wir jeweils an einem Sonntag im Monat ein Kulturcafé am Thie anbieten mit hausgemachtem Kuchen und Live-Musik“, erklärt Holger Pangritz. Der Startschuss fällt am Sonntag, 12. Mai 2024 (Muttertag). Des Weiteren soll in Kooperation mit dem ADFC die bekannte Klimaschutz-Kampagne „Stadtradeln“ auch nach Rittmarshausen führen, wo das Kulturcafé am Thie eine attraktive Station für Radfahrer in Kombination mit einem Konzert bietet.

„Zum Glück haben wir eine stetig wachsende Helferrunde, um unsere Vorhaben auch umsetzen zu können. Niemand muss gleich dem Verein beitreten, kann sich aber trotzdem engagieren“, erklärt Vorstandsmitglied Harald Melzer. Nicht nur Kunst- und Kulturinteressierte sind willkommen. „Wir können in vielen Bereichen helfende Hände gebrauchen. Das fängt beim Stühlerücken an und geht bis zur Veranstaltungstechnik“, appelliert Dirk Koch an Interessierte, sich einfach beim Verein zu melden. „Wir haben eine hochwertige PA-Anlage, aber kaum Leute, die da das ganze Potenzial herausholen können“, ergänzt Volker Heinemann. Nicht nur (Veranstaltungs-)Techniker, auch handwerklich Begabte oder Leute für den Thekendienst seien immer willkommen, werben die Vorstandsmitglieder um Beteiligung. Und im Oktober 2024 wird dann die Jubiläumsparty gefeiert: 10 Jahre Kulturverein Rittmarshausen!

Mehr zum aktuellen Jahresprogramm bei kulturverein-rittmarshausen.de.