Jazz - Keller und Clubs
Seit nun schon 40 Jahren sorgt Wilfried Steinmetz mit seinem Team vom Jazz-Club Holzminden für swingende Klänge in der Weserstadt. Jeden Monat steht ein Konzert auf dem Programm. Dazu kommen im Frühjahr und Herbst zwei Festivals. Eine reife Leistung des rührigen Vereins. Jazz-Clubs sind heute eher rar und es ist bemerkenswert, dass es in Holzminden schon so lange einen gibt.
Der Begriff „Jazzclub“ bezeichnete ursprünglich eine vereinsmäßige Organisation von Jazzanhängern vor allem zum Zweck des Meinungsaustausches und des gemeinsamen Schallplattenhörens, aber auch der Organisation von Konzerten. Heute handelt es sich bei den wenigen noch bestehenden Jazz-Clubs meistens um Lokalitäten, in denen für ein zahlendes Publikum mehr oder minder regelmäßig Jazz-Konzerte angeboten werden.
In den USA, der Wiege des Jazz, gab es Clubs mit Jazz-Musik schon seit den Anfängen dieser Musik. Auch in Deutschland kam es schon in den 30iger Jahren zur Gründung von sogenannten „Hot-Clubs“, die zunächst einen informellen Charakter hatten. Swing Musik erfreute sich besonders bei jungen Menschen steigender Beliebtheit. Während des Nationalsozialismus waren die „Swingjugend“ und „Swing tanzen“ offiziell verboten. Dennoch entwickelten sich sogenannte Hot-Clubs in großen Städten wie Berlin, Leipzig und Frankfurt am Main. Nach dem Ende der Nazi-Zeit und unter starkem amerikanischem Einfluss lebte die Musik wieder auf und weitere Clubs entstanden. In den 50iger Jahren gedieh der Jazz im „Untergrund“.
Nach französischem Vorbild entstanden Jazzkeller. Neben Kellern wurden Katakomben, ausgediente Fabriken und Baracken von Jazz-Liebhabern eigenhändig ausgestaltet. In manchen Städten gab es teilweise mehrere Jazzclubs nebeneinander, insbesondere als die Richtungen sehr auseinanderdrifteten und sich moderne Spielauffassungen und Richtungen entwickelten wie Bebop, Cool- und Free-Jazz. Ein geringer Teil der Clubs, wie der Jazzkeller Frankfurt, fungierten teilweise auch als Musikertreffs, sodass es zu hochkarätigen Jamsessions und zur musikalischen Weiterentwicklung kam.

Der Eingang zum Jazz-Club befindet sich direkt an der Seite des alten Bahnhofs in Holzminden
Die Vereins-Geschichte in Holzminden
Der Jazz-Club Holzminden ist beides: Ein Zusammenschluss aktiver „Jazzer“, die hier auch ihren Übungsraum haben und Veranstaltungsstätte mit regelmäßiger Jazz- und Blues Livemusik. Die Idee, eine Jazz-Szene in der Weserstadt zu etablieren, kam dem heutigen Vorsitzenden Wilfried Steinmetz und einigen gleichgesinnten Jazz-Liebhabern im Herbst 1985 bei einem Ball in der Stadthalle Holzminden. Am 13. November 1985 trafen sich die Initiatoren im „Strandhotel Holzminden“, das es heute nicht mehr gibt, zur Gründungsversammlung.
Für das erste Konzert am 17. Januar 1986 im Saal des Strandhotels konnte die „Coffee House Jazzband“ aus Hameln gewonnen werden. Bereits am 1. November 1986 trat erstmal eine eigene Band aus Holzminden auf, die kurz nach der Club-Gründung entstandene „Sleepy Town Jazzband“ mit ihrem Programm „Eine kleine Jazzmusik“. In ihr sind auch der Vorsitzende Wilfried Steinmetz (Klarinette und Saxophon) und der Drummer Roland Berthold, als Kassenwart im Vorstand, aktiv. Die Sleepy Town Jazzband“ hat die Stadt und den Landkreis Holzminden über die Grenzen hinaus auch international musikalisch repräsentiert.
Fanden in der Anfangszeit die Konzerte im Zwei-Monats-Rhythmus statt, gibt es seit einigen Jahren monatlich ein Konzert. Dazu findet seit 1990 jeweils im September ein dreitägiges Jazz-Festival mit internationalen Spitzenmusikern statt. Seit einigen Jahren gibt es außerdem immer im Frühjahr ein Blues-Festival. Zum vierzigjährigen Vereinsjubiläum geht das in diesem Jahr vom 28. – 29.03.2025 als „11. Weserbergland Blues-Festival“ über die Bühne.

Uwe Redeker (lins) und Wilfried Steinmetz (rechts) sind verantwortlich für das Programm des Jazz-Club und Vorsitzende des Vereins
Die Programm-Verantwortung im Jazz-Club liegt heute vor allem bei dem Vorsitzenden Wilfried Steinmetz und seinem Stellvertreter Uwe Redeker. Uwe Redeker hatte auch schon vor seiner Zeit in Holzminden Berührungspunkte zum Jazz. Berufsbedingt lebte er früher im Rheinland und war bei den bekannten Leverkusener Jazztagen ehrenamtlich engagiert. Als er nach Holzminden kam, konnte er sich darüber freuen, dass es hier durch den Jazz-Club auch Jazz-Szene gab. Er ist selbst kein aktiver Musiker. Ihm sind vor allem das Live-Erlebnis und die musikalischen Interaktionen im Konzert wichtig.
Zum Vorstand gehören außerdem Roland Berthold als Kassenwart, Ute Gundelach als stellvertretende Kassenwartin und Eva Zahradnicĕk als Schriftwartin. Als Besitzerin fungieren Inga Schaper für den Thekenbetrieb und Uwe Weyer, der auch für die Ton- und Lichttechnik zuständig ist. Rund 230 Mitglieder zählt der Verein heute. Von Anfang an dabei sind bis heute aus dem Kreis der Aktiven Wilfried Steinmetz, Roland Berthold und Eva Zahradnicĕk. Aber auch einige andere der Mitglieder sind dem Verein bis heute treu verbunden. Um das Jazz-Programm kümmert sich Wilfried Steinmetz, um das Blues-Programm kümmert sich Ute Gundelach. Gute Kontakte bestehen zum Jazz-Club Paderborn. Der Club ist Mitglied der Deutschen Jazz Föderation, in dessen Vorstand Wilfried Steinmetz auch aktiv ist. Die letzte Sitzung der Föderation fand im vergangenen Jahr in Holzminden statt.
Ein alter Bahnhof als Spielstätte
Der Verein ist in der glücklichen Lage, fast von Anfang an seine Spielstätte und seine Heimat im ältesten und ersten Bahnhof Holzmindens zu haben, dem ehemaligen Bahnhof der Herzoglich Braunschweigischen Staatseisenbahn. Nach dem Bau des neuen Bahnhofes in unmittelbarer Nähe quasi gleich nebenan, stand der alte Bahnhof lange leer und irgendwann zum Verkauf. Wolfgang Steinmetz ist heute der Eigentümer. Der Veranstaltungsraum im Erdgeschoss des Gebäudes wurde in Eigenarbeit durch den Verein umgebaut und wird nun schon seit Jahrzehnten betrieben.
Der gemütliche Veranstaltungsraum mit der kleinen Bühne im Club hat eine Kapazität für rund 120 – 150 Personen. Seit der Corona-Zeit wird auch der Außenbereich neben den vorbeilaufenden Schienen mit einer überdachten Bühne im Sommer für Konzerte draußen genutzt.
Programm-Highlights
Bei einem derart langen Veranstaltungszeitraum von 40 Jahren mit monatlichen Konzerten ist die Zahl der Künstlerinnen, Künstler und Bands lang. Es findet sich eine gute Mischung aus professionellen Gruppen und Amateuren. Die zahlreichen Namen lassen die Ausrichtung des Jazz-Clubs erkennen. Als kleine Auswahl seien nur einige Namen genannt: Mr. Acker Bilk, Max Collie, Barbara Dennerlein, Herb Geller, Wolfgang Schlüter, Phil Mason, Sonny Morris, Greetje Kauffeld, Inga Rumpf, Jojo Wendt, Olivia Molina, B.B. & The Blues Shacks, Häns´che Weiss, Dieter Kropp, Albie Donelly, Old Merrytale Jazzband, Abbie Hübners Low Down Wizzards, The Bop Cats, Wolfgang Lackerschmid, Bob Degen, Ed Kröger, Charlie Antolini, Günter Lenz, Florian Poser, Ulita Knauss, Susan Weinert und viele andere.
Für Wilfried Steinmetz zählt ein Konzert mit Champion Jack Dupree 1991 zu den ganz persönlichen Highlights. Der 1909 in New Orleans geborene Pianist und Sänger lebte damals in Hannover und war schon sehr krank. Er starb im Januar 1992, rund ein halbes Jahr nach seinem denkwürdigen Konzert im Jazz-Club Holzminden. Es war damals nicht sicher, ob ihm die Kraft für einen ganzen Abend reichen würde. Die Stimmung beim Musiker und dem mit rund 250 Personen überfüllten Club war aber dermaßen gut, dass der „Champion“ noch um 4 Uhr morgens am Klavier saß. Uwe Redeker erinnert sich besonders gern an das Konzert mit dem großartigen Schlagzeuger und Menschen Pete York. Sehr beeindruckend waren auch die Begegnungen mit zwei ganz großen Namen, den bei ihren Konzerten schon hochbetagten Größen Hugo Strasser und Hazy Osterwald.
Eine schöne Geschichte gibt es zum ersten Auftritt von Knut Kiesewetter in Holzminden im Jahr 1988. Einem breiten Publikum war Kiesewetter vor allem als Sänger und plattdeutscher Liedermacher bekannt. Eigentlich war er allerdings als Posaunist ein Jazzer. Vor seinem Auftritt am Abend im Jazz-Club spielte er am Nachmittag bei kühlem, regnerischem Wetter, eingehüllt in seinen Ledermantel, draußen auf einer Bühne in der Innenstadt von Holzminden. Da sprach ihn eine ältere Dame an: „Das ist ja ganz schön, aber wann kommt denn eigentlich der Kiesewetter?“
Eigene Bands im Jazz-Club
Im Bahnhof proben auch regelmäßig die drei „eigenen“ Bands im Club. Von Anfang ist das die „Sleepy Town Jazzband“ um Wifried Steinmetz. Außerdem die schon geraume Zeit bestehende „Street Band“, eine „Marching“-Band, die auch schon bei vielen Aktionen auf den Straßen für die Stadt Holzminden gespielt hat. Sie sind schon oft als musikalische Botschafter für die Stadt Holzminden unterwegs gewesen, wie beispielsweise beim Tag der Niedersachsen in verschiedenen Orten, demnächst auch in Osnabrück.
Diese Bands sind auch immer wieder bei Weihnachtsmärkten und Festen in und um Holzminden engagiert. Neu im Entstehen ist eine Blues-Band, die noch keinen Namen hat und aus einem Blues-Workshop hervorgegangen ist.

Die „Sleepy Town Jazzband“ im Jazz-Club Holzminden
Wünsche und Perspektiven
Wie in vielen ähnlichen Vereinen, wird sich irgendwann auch in Holzminden nach und nach die Frage nach der Zukunft stellen. Noch ist das Engagement der jetzigen Akteure ungebrochen. Sie sind motiviert und wollen, dass es weitergeht. Und Wilfried Steinmetz will weitermachen, solange es ihn gibt.
Am 13.09.2025 feiert der Jazz-Club Holzminden seinen 40. Geburtstag. Natürlich wird es an diesem Tag ein Konzert geben. Einen Wunsch erfüllt sich der Verein in diesem 40igsten Jahr mit dem Auftritt von Axel und Torsten Zwingenberger. Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum, alles Gute weiterhin und – keep swinging!
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