Händel als Jubilar

Das »Ensemble Freymut« in der Aula der Universität am 23. Februar 2025

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Zum jungen »ensemble freymut« gehören Ching-Yao Wang (Flöte), Elisabeth Haberl (Flöte), Maria Danneberg (Viola da Gamba) und Sobin Jo (Cembalo). Die Mitglieder des Quartetts stammen aus Österreich, Taiwan und Korea. Sie wohnen in Wien und in der Steiermark, können also leicht zusammenkommen. „Freyen Muthes“ sind sie unterwegs in der Barock-Szene. Sie gehen auch ungewöhnliche Wege, um die Menschen für die Alte Musik zu begeistern, und präsentieren die Kompositionen des 17. und 18. Jahrhunderts frisch und experimentierfreudig. Sehr geschickt und abwechslungsreich war das Programm der Matinee zusammengestellt: Mal spielten die vier Konzertierenden gemeinsam, mal waren nur die zwei Flöten im Wettstreit zu hören, dann konzertierte die Gambe zusammen mit dem Cembalo, das aber auch solistisch brillierte. Der Schwerpunkt lag bei der Gattung der Triosonate, einem Duett von zwei Oberstimmen (hier den Flöten) über einer Bassstimme (Gambe), harmonisch ausgefüllt durch das Cembalo. Für das Konzert in Göttingen hatten Chiang-Yao Wang und Elisabeth Haberl zwei Traversflöten aus Buchsbaum mitgebracht, Nachbauten von 1750 entworfenen Instrumenten. Diese im Barock gebräuchlichen Flöten mit nur einer Klappe klingen wunderbar weich und verleihen den Tönen in den unterschiedlichen Lagen einen ganz individuellen Klang: So erscheinen die tiefen Töne auffällig dunkel und rund, die hohen Töne weicher und weniger schrill als gewohnt. Das Buchbaumholz verlieh den Flöten einen robusten Klang, der sich in der Aula bis in die letzten Reihen hervorragend durchsetzte. Die Traversflöten mischen sich klanglich ideal mit den Continuo-Instrumenten. Maria Danneberg hatte eine französische Gambe mit sieben Saiten mitgebracht, bespannt mit Darmsaiten. Das flämische Cembalo für Sobin Jo hatte die Händel-Gesellschaft zur Verfügung gestellt.

Das »ensemble freymut« zeichnet sich aus durch ein perfektes Zusammenspiel. Aus dem sehr durchsichtigen Gesamtbild sticht keine Stimme heraus, niemand versucht den anderen zu übertrumpfen. Statt abrupter Akzente verschmelzen die Klänge zu einer Einheit. Eleganz statt Attitüde, einfach schön! Es wurde erfahrbar, was Konzertieren bedeutet: ein Geben und Nehmen, ein Imitieren, aber auch ein Variieren und Weiterspinnen. Die so unterschiedlichen Stücke weckten verschiedenste Emotionen und lösten zuweilen ein lebendiges Kopfkino aus: Perlende Passagen der Flöten ließen an einen klaren Gebirgsquell denken, wellenförmige Bewegungen an laue Frühlingsluft. 

Aus den insgesamt sieben Programmpunkten ragte besonders das Duett G-Dur für zwei Traversflöten von Wilhelm Friedemann Bach heraus. Atemberaubend virtuos musizierten Ching-Yao Wang und Elisabeth Haberl. Ihr perlendes Spiel, die vielen Echowirkungen und überraschenden Wendungen begeisterten das Publikum. Man hörte keine Atemgeräusche, keine Ansatzgeräusche und fragte sich, wann Luft geholt wurde. Die sehr dichte und raffinierte Komposition stellt höchste Anforderungen an Spieler und Zuhörer und erschien doch ganz leicht.

Reine Erholung war dann die Eröffnung nach der Pause mit Georg Philipp Telemanns Sonate D-Dur für zwei Flöten und Basso continuo. Ein sehr galantes Stück, nahezu klassisch anmutend, melodiös mit solistischem Flötenduett. Fröhlich und festlich zugleich, wie es sich für ein Geburtstagständchen gehört. 

Zwei Werke von Georg Friedrich Händel beendeten das Konzert: Die Suite Nr.3 d-Moll für Cembalo solo und die Sonate g-Moll für das gesamte Ensemble. Hier trat besonders im zweiten Satz die Gambe solistisch hervor. Insgesamt eine sehr raffinierte Komposition, die allen Konzertierenden noch einmal Raum ließ, ihr Können zu zeigen, und die so einen schönen Abschluss für das Konzert darstellte.
Die Aula war gut besetzt. Das »ensemble freymut«  bedankte sich mit einer kurzen, delikaten Zugabe und kündigte an wiederzukommen. 

Am 17. Mai werden die vier Mitglieder des Quartetts im Rathaus Duderstadt zu hören sein. Ihr Programm trägt dann den Titel »Les Nations«

Dieser Artikel erschien zuerst im Magazin des Kulturbüro Göttingen. Redaktionell verantwortlich sind das Kulturbüro Göttingen sowie dessen Autor:innen.
Verfasser:in

Bernd Homeyer

Journalist und Autor beim Kulturbüro Göttingen

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