Fantastische Kulturvielfalt, für die wir uns einsetzen müssen

KUNST-Gala 2025 in der Stadthalle

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Die Ouvertüre von Johann Strauß’ Operette »Der Zigeunerbaron«. Ein musikalisches Stück, welches ein großes Spektrum an Gefühlen zeigt: Drama, Spannung, Freude, Euphorie. Somit wie geschaffen für den Auftritt des Göttinger Symphonieorchesters bei der diesjährigen KUNST-Gala. Angenehme Flötenmelodie, dramatische Streicher und majestätische Blechbläser! Wie gewohnt holt Chefdirigent Dr. Nicholas Milton alles aus seinen Musiker:innen raus, und damit mal wieder ein sehr gelungener Auftritt des GSO. Anschließend spielt das Orchester noch weitere anmutige Klänge. Doch plötzlich verlassen nacheinander die Musiker:innen während des Stücks die Bühne, sodass Milton nur noch allein mit ein paar wenigen Geigern dasteht.

Ein schlechter Scherz? Leider nicht. Die Personalkosten werden zu hoch und es kommt zu Stellenabbau. Besonders betroffen davon sind das GSO und das Deutsche Theater (DT). An allen Ecken wird gespart, sodass ein vollbesetztes Orchester in Zukunft vielleicht der Vergangenheit angehört. “Das GSO ist ein Juwel unserer Stadt und ein wichtiger Botschafter,” erklärt Veranstalter Nils König vom KUNST-Vorstand.

Die KUNST-Gala 2025 präsentierte am 09. Februar in der Stadthalle nicht nur ein sehr abwechslungsreiches Unterhaltungsprogramm, sondern setzte ein politisches Statement! "Wir müssen uns stark machen für den Erhalt von Göttingens Kulturvielfalt!” so Nils König zum Publikum. Denn die Sparmaßnahmen bedrohen Göttingens Kulturszene und Identität enorm. Leider werden 2026 auch die Mietkosten für die Stadthalle zu hoch sein, sodass die nächste KUNST-Gala künftig nicht mehr dort finden kann. Ein großer Verlust für unsere Stadt!

“Es ist ein Angriff auf Göttingens Kultur! Es ist Zeit laut zu werden!” brüllen Rebecca Klingenberg und Gabriel von Berlepsch als Trude und Walter in ihrer Rede. Auf humorvolle und zugleich ernste Weise führten die zwei Schauspieler vom DT dem Publikum nochmal vor Augen, was alles auf dem Spiel steht. Als schrulliges Ehepaar Trude und Walter erklärten sie, dass die Sparpläne und der Stellenabbau Göttingens Attraktivität gefährdet. Bach-Konzerte oder die Nacht der Filmmusik stünden somit auf der Kippe, und die Ticketpreise würden in die Höhe schießen, sodass man sich Kultur und Unterhaltung in Göttingen kaum noch leisten könne. Oder einfach gesagt: Ohne das GSO oder das DT wäre es nicht mehr “die Stadt, die wir lieben!”

Die Politik muss den Kulturschaffenden endlich zuhören! Denn die KUNST-Gala zeigte erneut in der Stadthalle, welche fantastische Kulturvielfalt Göttingen zu bieten hat. 150 Künstler:innen aus verschiedenen Göttinger Kultur-Einrichtungen wie dem KAZ, dem Jungen Theater, der Göttinger Ballettschule art la danse oder dem Kunstverein Göttingen waren mit von der Partie. Die Balletttänzerinnen von art la danse beeindruckten das Publikum mit anmutigen und graziösen Choreografien und nahmen es mit auf eine galaktische Reise. Eine Filmmontage von Lia A. Eastwood zeigte die Venus und den Mars auf der großen Leinwand, vor der Venus führten die Tänzerinnen dann elegante Figuren und Bewegungsabläufe auf. Ballett im All; einfach ein prächtiges und fantasievolles Bild wie von einem anderen Stern!

Anschließend turnten die Akrokids, die Kinderakrobaten des KAZ, im düsteren Märchenwald mit dem bösen Wolf. Hier bildeten Schneewittchen und die sieben Zwerge einen Menschenturm und versetzten das Publikum richtig ins Staunen! Währenddessen sorgte das Göttinger Ukulele Inferno für entspannte Hawaii-Stimmung und die Kinder-Musikgruppe “Songs für coole Kids” wurden ihrem Namen mehr als gerecht! 24 Kinder sangen und performten die Lieder “Sag, was du denkst” und “Noch mehr Musik”. Für ihre coolen Dancemoves und ihre Songs mit Ohrwurmgarantie wurden die Kids frenetisch gefeiert.

Dazu schlüpfte Götz Lautenbach auf amüsante Weise in mehrere Rollen und präsentierte die szenische Fassung des Opernlibrettos von »Drama! Tamerlano the Great oder Die Geißel Gottes«. Ein kleiner Vorgeschmack auf die internationalen Händel-Festspiele im Mai.

Richtig mystisch und gespenstisch wurde es schließlich bei der Ritualperformance »Ancestral Eavesdropping« (“Lauschangriff auf die Vorfahren”) des interdisziplinäre Trios iYi. Zu berauschender japanischer Klangkunst von Shinichiros Ikedas Synthesizer riefen Runa Ikeda und Frida Eun Ae Yngvesson in Schamanen-Kutten erneut die Geister ihrer Ahnen. Mit einem transzendenten Ritualtanz und meditativen Praktiken brachten sie dem Publikum traditionelle Zeremonien und Riten aus Japan und Südkorea näher.

Für ein gelungenes Finale sorgte schließlich das Junge Theater mit Thyra Uhdes emotionaler Performance von dem Barbara-Chanson “Göttingen” aus dem gleichnamigen Theaterstück »BARBARA«. 

“Es gibt so viel, das ich dort liebe in Göttingen, in Göttingen.” Barbara hätte es in ihrem Lied nicht schöner ausdrücken können. Die 22. KUNST-Gala zeigte uns erneut, dass wir uns für Göttingens fantastische Kulturvielfalt einsetzen müssen! Denn wenn die Sparmaßnahmen so weitergehen, werden wir uns leider wie Barbara fragen müssen: “Wer weiß, was dann noch übrig bliebe von Göttingen, von Göttingen.”

Dieser Artikel erschien zuerst im Magazin des Kulturbüro Göttingen. Redaktionell verantwortlich sind das Kulturbüro Göttingen sowie dessen Autor:innen.
Verfasser:in

Keanu Demuth

Journalist und Autor beim Kulturbüro Göttingen

Im Artikel genannt

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