Einladen statt abschrecken

Louise Engel will zeitgenössische Musik erlebbar machen

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Dass horizonte zum Erfolg wird, hängt auch von Louise Engel ab, die vom GSO als Projektleiterin an die Leine geholt wurde. Sie ist für Organisatorisches wie Produktionsplanung, Vermarktung und Finanzen zuständig, als Co-Kuratorin aber auch für die künstlerische Feinplanung.

Eines macht die studierte Wirtschaftswissenschaftlerin und Kulturmanagerin gleich klar: Die zeitgenössische Musik gibt es nicht, jede Eingrenzung wäre zugleich ausgrenzend. Und das würde so gar nicht zum Ansatz des Festivals passen. Nach gängigem Verständnis fallen unter zeitgenössische Musik, die auch „Neue Musik“ genannt wird, Kompositionen ab dem frühen 20. Jahrhundert – ohne Popmusik. Typisch sind neuartige Formen oder Spieltechniken. Zum Teil wird dem Publikum viel abverlangt, Hörgenuss rückt zugunsten des Experimentellen in den Hintergrund. Auch horizonte soll neue Musikerlebnisse schaffen, dabei aber für einen breiten Kreis zugänglich sein. „Ich möchte der zeitgenössischen Musik den Schrecken nehmen – durch Intimität“, betont Engel. Sie ist selbst Cellistin, spielte im Bundesjugendorchester, kam später unter anderem über einen Job bei Podium Esslingen mit zeitgenössischer Musik und neuen Konzertformaten in Berührung.

Neue Klänge an ungewohnten Orten

Die für horizonte entstandenen Werke werden, neben der Lokhalle als klassischem Konzerthaus, auch an ungewohnten Orten gespielt: auf der Straße, in Privatwohnungen, im Forum Wissen, im Café Kollektiv Krawall, in der Musa, in einem alten Kuhstall. Der Charakter der Orte wird einbezogen. Zum Beispiel steht im Forum Wissen auch ein Vortrag auf dem Programm, im subkulturellen Krawall eine Diskussion und zwischen Neuem Rathaus und Waageplatz korrespondiert die Musik mit der Geräuschkulisse der City. Gastgeber:innen für die Kammerkonzerte (Bläsertrio/Streicherduo) zu finden, war nicht schwer. Engel konnte aus fast 70 Angeboten aussuchen und wählte möglichst unterschiedliche Formen von „Zuhause“: eine WG, ein Einfamilienhaus, einen Garten.

Ein wichtiges Element ist die Nachwuchsförderung. Insgesamt sieben Stipendien wurden im Zuge des Festivals vergeben, an Lucia Kilger und Dmitri Remezov (Komposition Symphonieorchester), Marta Kowalczuk und Shadi Kassaee (Komposition Kammerensemble), Eloain Lovis Hübner (Komposition Installation im öffentlichen Raum) sowie Anne Bischof und Felipe Egaña Labrin (Kompositionspädagogik). Alle Stipendiat:innen stehen am Anfang ihrer Laufbahn. Ein Blick auf ihr bisheriges Schaffen lässt Klangwelten erwarten, die tatsächlich nicht auf Abschreckung zielen.

„Die Uraufführungen sind sehr vielschichtig“, verspricht Engel. Es gebe Impulse aus dem Persischen, aus dem Barock, aus elektronischer und Club-Musik, aber auch Geräuschhaftes. Die Projektleiterin erlebte Anfang Februar selbst einige Try-outs mit. Bei Workshops lernten die Komponistinnen und Komponisten das Orchester kennen, probierten den Zwischenstand ihrer Stücke aus. „Wenn alle im Raum ein Stück zum ersten Mal hören, ist das ein magischer Moment“, erzählt sie. Eine Besonderheit des Festivals ist das kompositionspädagogische Projekt. Unter Anleitung einer Instrumentalpädagogin und eines Kompositionspädagogen entwickeln Fünftklässler:innen der IGS Geismar eine eigene Symphonie.

Versprechen trifft auf Haltung

Als Engel im Juni 2023 nach Göttingen kam, hatten Kurator Clemens K. Thomas und GSO-Geschäftsführerin Franziska Vivaldi bereits das Grobkonzept ausgearbeitet. Dank Bundesmitteln aus dem Programm Exzellente Orchesterlandschaft Deutschland war zudem die Finanzierung weitgehend gesichert. „Das war ein großes Geschenk, ich konnte sofort losplanen“, sagt die Projektleiterin, die zusätzlich Gelder der Stiftung Niedersachsen, der Niedersächsischen Sparkassenstiftung und der Sparkasse Göttingen einwarb.

Nach etwas Bedenkzeit fällt Engel dann doch eine Definition für zeitgenössische Musik ein. Am ehesten gehe es um das Versprechen einer neuen Klang- und Musikerfahrung, und um die Haltung, sich auf Unbekanntes, Unerwartetes einzulassen. Und so hofft sie, dass beim Publikum am Ende Neugierde zurückbleibt, „nicht nur auf zeitgenössische Musik, sondern generell auf Kultur und Ästhetik“. Gleichzeitig könnte auch das GSO von dem Festival etwas beibehalten. „Neue Formate wie die Hauskonzerte oder Kooperationen mit lokalen Akteur:innen ließen sich fortsetzen“, sagt die Projektleiterin.

Das Festivalprogramm ist ab sofort unter www.gso-online.de/horizonte abrufbar. Der Vorverkauf beginnt am 1. März um 12 Uhr. Tickets gibt es an den bekannten Vorverkaufsstellen. Ausnahme sind die Hauskonzerte, die ausschließlich über das GSO-System erhältlich und auf zwei Karten pro Buchung begrenzt sind.

Dieser Artikel erschien zuerst im Magazin des Kulturbüro Göttingen. Redaktionell verantwortlich sind das Kulturbüro Göttingen sowie dessen Autor:innen.
Verfasser:in

Gabriele Sümer

Journalistin und Autorin beim Kulturbüro Göttingen

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Header Horizonte Festival vor abstraktem roten Hintergrund
Festival

horizonte – Festival für zeitgenössische Musik

Das GSO probiert Neues aus und bietet Unerhörtem eine Bühne

Der Abschluss der Spielzeit bildet gleichzeitig einen der großen Höhepunkte: Ermöglicht durch eine Förderung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) wird das Göttinger Symphonieorchester im Juni 2024 das Festival „Horizonte“ veranstalten. Seit der Gründung des GSO im Jahr...

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