Ein Theaterleben – „Mach das, wonach dein Herz strebt“

Inge Mathes war 10 Jahre Leiterin der Kommunikationsabteilung am Deutschen Theater

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Inge Mathes ist seit dem Ende ihres Abiturs in Heidelberg mit der Theaterwelt verbunden. Dabei fing ihr Weg in einer ganz anderen Form der Öffentlichkeitsarbeit an. Sie probierte sich in der Laienschauspielerei aus und fand schnell großen Gefallen daran, sodass sie sich dazu entschied, eine Ausbildung zur Schauspielerin an der Badischen Schauspielschule Karlsruhe zu absolvieren. Nach ihrer Ausbildung trat sie jedoch nicht die klassische Theaterreise durch die Bundesrepublik an. Sie entschied sich im Gegenteil, noch ein Studium der Germanistik und Theaterwissenschaften an der Goethe-Universität Frankfurt anzuschließen. Dies machte ihr schnell so viel Freude, dass sie das Schauspielen vollständig einstellte, auch da die langen Probenzeiten und abendlichen Auftritte nicht mit einem Studium vereinbar waren.

Nach ihrem Studium arbeitete sie einige Jahre als Regieassistentin und Dramaturgin. Dabei inszenierte sie auch eigene Stücke. Jedoch sollte das auch zu ihrer ersten und einzigen großen Theaterkrise führen, als ein Intendant, mit dem sie lange Zeit zusammengearbeitet hatte und unter dem sie sich kreativ sehr ausprobieren konnte, entlassen wurde.

Inge Mathes hat dadurch jedoch fast alle Bereiche des Theaters einmal kennengelernt. Sowohl auf als auch hinter der Bühne. „Das ist in meiner Abteilung jetzt von Vorteil.“, wie sie dazu selbst konstatiert, einfach um alle Sorgen und Probleme der anderen von Regie bis Dramaturgie besser verstehen zu können. Nur Souffleuse und Inspizientin war sie nie, das musste sie zwar auch mal vertretungsweise übernehme aber „es war ziemlich schnell klar, dass ich dafür gar keine Nerven habe.“

Dass Inge Mathes dann zu einer Institution in der Öffentlichkeitsarbeit wurde, war mehr oder weniger Zufall. Als es zu einem Wechsel in der Leitung des Staatstheaters Meiningen kam, wurde sie plötzlich nicht mehr übernommen. Ein Glück, dass sie genau in der Zeit mit dem zukünftigen Intendanten von Oberhausen in Kontakt stand und er ihr die Stelle in der Öffentlichkeitsarbeit am Theater in Oberhausen anbot, die sie dann 2008 auch antrat. „So bin ich da rein geraten.“, wie sie scherzhaft bemerkt, schnell findet sie auch Gefallen an diesem Bereich der Theaterwelt. Denn „daraus kommen“ sollte sie bis zu ihrer Pension nicht mehr, nur den Standort wechselte sie noch einmal von Oberhausen nach Göttingen. Dies ist der erfolgreichen Anwerbung durch Erich Sidler zu verdanken, der Inge Mathes direkt kontaktierte und ihr Talent erfolgreich nach Göttingen lockte, sodass sie 2014 Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit am Deutschen Theater wurde.

Vor der Station in Oberhausen war sie fast zehn Jahre in Hannover am Schauspielhaus. Von dort aus hatte sie Göttingen ab und zu schon besucht. Sie kam also 2014 nicht in eine ihr völlig unbekannte Stadt, wenngleich sie nur den Weg vom Bahnhof zum Deutschen Theater und zurück kannte, da sie bis dahin nur im Theater in Göttingen gewesen war. Dennoch kann sie rückblickend nicht „von kennen sprechen, aber ich wusste natürlich, wo das liegt und wer da vorher Intendant war, aber die Stadt an sich kannte ich überhaupt nicht“.

So etwas war für sie aber sowieso nicht das entscheidende Kriterium, um sich für eine Stelle zu entscheiden. Denn ihre Philosophie ist ganz unabhängig von solchen Befindlichkeiten. „Wenn man einen Job hat, dann kann man sich auch in der Stadt wohlfühlen,“ hat sie selbst immer gesagt. Das hängt mit den Arbeitsbedingungen an den Theatern zusammen. Die Stellen waren und sind sehr rar gesät, sodass man örtlich flexibel und unabhängig sein muss, um der Presseabteilung in einem Theater unterzukommen. Dennoch lässt es den Schluss zu, dass Inge Mathes sich seit 14 Jahren in Göttingen sehr wohlfühlt, wenngleich sie jedes Jahr um ihre Vertragsverlängerung bangen musste. Denn ihr Vertrag galt immer nur ein Jahr und musste jeden Oktober neu verlängert werden. Auch das ein leider völlig normaler Bestandteil der Theaterwelt.

Gefragt nach kuriosesten Ereignissen ihrer Karriere in der Öffentlichkeitsarbeit antworte sie nach kurzer Bedenkzeit: „Das Kurioseste an diesem Job ist, dass man immer eine lange To-do-Liste hat, aber dann morgens ins Theater kommt und alles ganz anders ist.“ Diese Überraschungen, die immer wieder vorkommen und passieren, sind genau das, was sie in ihrem Beruf schätzen und lieben gelernt hat. Auch dass diese Beschäftigung ein weites Feld mit unterschiedlichen Aktionsfeldern ist, da sich die Aufgaben und die Kommunikation jedes Mal unterscheiden. Ob sie nun Rücksprache mit einem Theatermagazin hält, das viertel- oder halbjährig erscheint, mit einem Journalisten des Kulturbüros oder das Marketing mit Postern, Plakaten und Postkarten bearbeitet. Jedes Mal muss sie anders situationsgerecht agieren und Entscheidungen treffen. „Es ist einfach so vielfältig – und das macht es spannend.“
In besonderer Erinnerung ist ihr jedoch die Corona-Pandemie geblieben. Ob es nun die Aktion des Deutschen Theaters, 5.000 Masken für die Stadt zu nähen oder als eins der ersten Theater in Deutschland ab Frühjahr 2020 wieder mit Premieren in der Tiefgarage zu beginnen. „Es war schon schlimm für alle Beteiligten, aber eben auch ein Riesenerfolg.“

„Aber ansonsten, Theater ist Theater, ne?“, wie Frau Mathes neckisch resümiert und man merkt, dass das drum herum für sie eine wirklich nur sekundäre Rolle spielt. Ihre Leidenschaft ist das Theater und die Theaterwelt, da ist ihr völlig egal, in welcher Stadt sich dieses befindet oder wie das Haus gebaut ist. Wenngleich sie doch ein Lieblingstheater in Deutschland hat, nämlich das Theater in Frankfurt am Main, ihrer alten Studienstadt. Sie bevorzugt es aber nicht nur aufgrund ihrer nostalgischen Gefühle, sondern aufgrund der Architektur des Hauses. Modernere Gebäude, bei denen mit viel Glas und Weißtönen gearbeitet wurde, das ist genau ihr Ding. Doch nicht nur das ist das Besondere an Frankfurt für sie „Selbst in der 21. Reihe hat man immer noch einen tollen Blick auf die riesengroße Bühne.“

Ihren Ruhestand hat Inge Mathes jedoch noch nicht wirklich geplant. Sie neige sonst dazu, alles zu verplanen und wäre lieber flexibel, wie sie im Gespräch zugibt. Doch hat sie sich einige Ziele gesetzt. So will sie eventuell wieder in die Region um Heidelberg in ihre alte Heimat zurückziehen, aber vor allem erst mal Urlaub machen. „Einmal nach England zu meiner Schwester und meinem Schwager außerhalb der Hauptsaison zu fahren und mich auf ein Wind-Surfbrett stellen.“, das seien ihre ersten groben Ziele, die sie nun nach und nach angehen möchte.

Doch vorerst sei sie froh, dass sie es überhaupt soweit geschafft habe, denn sie selbst glaubte nicht daran, es bis zur Rente am Theater durchzuhalten. „Ich freue mich, es so lange ausgehalten zu haben und dass ich auch so lange ausgehalten wurde.“ Insgeheim hat sie es jedoch immer gehofft, denn einen wirklichen Notfallplan, falls ihr Vertrag mal nicht verlängert worden wäre, hatte sie auch nicht.

Daher bleibt ein Zitat aus dem Gespräch mit Inge Mathes besonders im Ohr und wird durch ihren Lebenslauf bekräftig. „Mach das, wonach dein Herz strebt.“, wie sie mir indirekt mit auf den Weg gibt.

Besser kann man Inge Mathes nicht beschreiben, denn das hat sie definitiv immer getan und wird sie vermutlich auch weiterhin immer tun. Egal ob als Schauspielerin, Dramaturgin, Regisseurin oder in der Öffentlichkeitsarbeit. Mit ihr verlässt eine feste Größe und eine echte Institution das Deutsche Theater in Göttingen.

Dieser Artikel erschien zuerst im Magazin des Kulturbüro Göttingen. Redaktionell verantwortlich sind das Kulturbüro Göttingen sowie dessen Autor:innen.
Verfasser:in

Richard Kneffel

Journalist und Autor beim Kulturbüro Göttingen

Im Artikel genannt

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