„Geh doch mal ins Kino, dann verfliegt die Zeit“. Das hat der bekannte Schauspieler Manfred Krug 1962 gesagt. Zu der Zeit gab es die Möglichkeit dazu in Northeim noch in drei Kinos: Der SCHAUBURG, dem CAPITOL-Theater und der KURBEL (vormals CENTRAL). In den 1980er Jahren stellen das CAPITOL und die KURBEL ihren Spielbetrieb ein.
1997 drohte auch das Ende der Schauburg. Doch nach kurzer Schließung übernahm Torben Scheller aus Hannover die Schauburg und führte das Kino über viele Jahre erfolgreich. Zum Jahresende 2024 gab er das Kino auf, um sich nun auf seine Kinos in Hannover zu konzentrieren.
Erfreulicherweise geht die Geschichte der Schauburg als unverzichtbarer kultureller Treffpunkt im Herzen der Stadt aber weiter. Zum 1.1.2025 haben Wolfgang Würker und Marius Becker den Kinobetrieb übernommen und wollen das Kino mit dem bewährten Konzept, aber auch mit neuen Ideen weiterentwickeln.
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Die neuen Kinobetreiber Marius Becker und Wolfgang Würker
Mehr als 100 Jahre – Die Geschichte der Schauburg
Am 27. Januar 1923 eröffnete der Kapellmeister Fritz Krüger im Saal seiner Gaststätte „Zur Altdeutschen“ die NORTHEIMER LICHTSPIELE. Damals hatte das Kino 165 Sitzplätze und zeigte Stummfilme, die am Klavier begleitet wurden. 1930 wurde die erste Tonfilmapparatur angeschafft, 1936 das Kino vergrößert und schließlich am 21. Oktober 1936 unter dem Namen SCHAUBURG – FILM & BÜHNE mit 500 Plätzen neu eröffnet.
Anfang der 1950er Jahre wurde das Kino renoviert und auf den damaligen Stand der Technik gebracht. Das Foyer erhielt das bis heute bestehende „Trumpf“ – Kassenhäuschen. Weitere zeitgemäße Anpassungen fanden in den folgenden Jahren statt. Eine große Cinemascope-Leinwand (8 Meter breit und 3,50 Meter hoch) und eine Magnettonanlage wurden installiert. Am meisten waren zu der Zeit Dramen heimischer Produktionen nachgefragt. Die Schauburg war beliebt und viele Schauspielerinnen und Schauspieler sowie zahlreiche Regisseure mit ihren Filmen waren in Northeim zu Gast, darunter Charlie Chaplin junior und Zarah Leander.
1997 schien das Ende der SCHAUBURG besiegelt. Nach einer wilden Abschiedsparty mit der ROCKY HORROR PICTURE SHOW konnten die Besucherinnen und Besucher das alte Kinogestühl selbst ausbauen und mit nach Hause nehmen. Aber noch im selben Jahr eröffnete Torben Scheller als neuer Betreiber nach sorgsamer Restaurierung und Renovierung das Kino mit rund 180 Plätzen unter dem heutigen Namen „Neue Schauburg“ wieder. Er entwickelte ein neues Programm-Konzept mit vielen Kinderfilmen, Sondervorstellungen, Filmkunst, Klassik, Vorpremieren, Frühstücks- und Brunch-Aktionen, den beliebten Filmnächten und immer wieder auch Live-Aktionen.
Mit einer guten Mischung aus Mainstream- und Arthouse-Filmen hat Torben Scheller ein ebenso anspruchsvolles wie angesehenes Kino präsentiert und ist für sein Programm und kulturelles Engagement regelmäßig mit Kinopreisen bedacht worden.
Im März 2002 erhielt die Neue Schauburg im Raum der ehemaligen Gaststätte „Zur Altdeutschen“ einen zweiten Kinosaal. Der Name „North.Licht“ des „kleinen“ Saales mit rund 30 Plätzen erinnert an die NORTHEIMER LICHTSPIELE, wie die Schauburg von 1923 bis 1936 hieß.
Ausgestattet sind beide Kinosäle mit komfortablen französischen Hochpolstersesseln und nostalgischen Kinolampen. Seit dem Juli 2011 können Filme auch in Digital 3D präsentiert werden.
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Die neue Schauburg in Northeim.
Neuausrichtung
Seit dem 1. Januar 2025 wird die Neue Schauburg von Wolfgang Würker und Marius Becker betrieben. Beide bauen auf die bewährten Konzepte, wollen aber auch mit neuen Ideen und Kooperationen den Kinobetrieb in Northeim beleben, damit das Kino ein wesentlicher Bestandteil des kulturellen Lebens in der Stadt bleibt. Frische Ideen sollen das Publikum für die Neue Schauburg begeistern.
Wohl nicht nur durch die Pandemie sind die Besucherzahlen in den Kinos in den letzten Jahren landesweit dramatisch zurückgegangen und stellen in der Tendenz künftig die Wirtschaftlichkeit eines Kinos auch in Northeim in Frage. Würde die Neue Schauburg nicht weiter betrieben, könnte dies ein weiterer Schritt in die kulturelle Verödung des städtischen Lebens bedeuten. Es ist daher erfreulich, dass Marius Becker als Eigentümer des Gebäudes zusammen mit Dr. Wolfgang Würker, der in den letzten Jahren am Betrieb der Kinos in Witzenhausen und Hann.Münden beteiligt war, die Weiterführung der Neuen Schauburg ermöglichen wollen. Im ersten Jahr nach der Übernahme soll sich zeigen, ob dies wirtschaftlich funktionieren kann.
Klar ist, dass das Northeimer Kino, nahe an den cineastischen Angeboten in Göttingen mit dem großen „Cinemaxx“ direkt am Bahnhof und den beiden herausragenden Kunstfilmkinos „Lumière“ und „Mèliѐs“, allein mit einem attraktiven Filmprogramm wohl nicht wird überleben können. Besondere Anstrengungen und Phantasie werden nötig sein, die Neue Schauburg mehr und mehr zu einem kulturellen Zentrum in Northeim zu machen, das die Interessen vieler Gruppen mit seinem Angebot auffangen kann.
Ansatzweise ist dieser Weg schon beschritten worden. Den neuen Betreibern geht es um einen Ausbau und eine Intensivierung der bestehenden Strukturen in Stadt und Umland. Zielsetzung ist es außerdem, neue Wege „zu den Zuschauern“ zu finden. Dafür braucht es mehr als ein gutes Filmangebot. Es muss an Kinder und Senioren gedacht werden, braucht besondere Reihen für Musik- und Kunstinteressierte, Angebote zu historischen Themen und Reihen, die Zielpublikum aber auch Randgruppen ansprechen. Schulen und Kindergärten, die Feuerwehr und Vereine sollen weiter motiviert werden, auf das Kino als Veranstaltungsort zuzugreifen. Immer wieder eingestreute Highlights und Events werden für die Neue Schauburg von wesentlicher Bedeutung sein.
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Wolfgang Würker und Marius Becker am Trumpf-Kartenhäuschen
Einiges ist schon passiert: Es gab eine Benefiz-Vorführung des Inner Wheel Club Göttingen für den Kinderschutzbund Northeim. Eine gelungene Kooperation fand statt mit dem Kreisfeuerwehrverband und der Kreisjugendfeuerwehr bei der Vorführung des Films „Feuerwehrmann Sam“ für die jüngsten Brandschützer im sehr gut gefüllten Kinosaal.
Wie schon bisher mit den Filmkunst-Abenden sollen auch weiterhin an jedem Dienstagabend besondere Filme in der Neuen Schauburg gezeigt werden.
Eine bereits ins Leben gerufene neue Reihe sind die Matinees mit ausgewählten Musik- und Kunstfilmen jeweils am ersten Sonntag eines Monats um 11:15 Uhr. Zu den Aufführungen sollen nach Möglichkeit Künstler, Autoren oder Regisseure eingeladen werden. Die Katlenburger Sektkellerei hat für diese besonderen Events Sekt gespendet. Zum Auftakt wurde am 5. Januar der Film „Die leisen und die großen Töne“ gezeigt. Für die Matinees und mögliche weitere besondere Veranstaltungen auch in der Woche haben die neuen Betreiber die Initiative Kunst & Kultur Northeim mit den beiden Sparten Musik & Bildende Kunst gewonnen, mit Ideen, Anregungen und fachlicher Beratung an der Programm-Planung mitzuwirken und diese besonderen Angebote gezielt mit zu bewerben.
Gefragt sind darüber hinaus auch Veranstaltungen, die nicht direkt mit dem Medium Film im Zusammenhang stehen. Literarische und musikalische Darbietungen sollen in der Neuen Schauburg wieder häufiger stattfinden und das große Spektrum von Kleinkunst-Veranstaltungen im Lichtspieltheater eine Bühne finden. Die Eignung dafür ist aus baulicher Sicht gegeben. Das Northeimer Kino besitzt neben einem Orchestergraben noch einen Schnürboden. Die Leinwand kann nach oben unters Dach gezogen und so der hintere Teil der Bühne freigegeben werden.
An Perspektiven, dass das Kino mehr sein kann als ein Ort, an dem (nur) Filme gezeigt werden, fehlt es also nicht. Zu wünschen ist, dass die gemeinsamen Bemühungen auch vom erhofften Zuspruch getragen werden. Northeim und das Umland braucht einfach sein Kino. Das besondere Flair des Kinos, mit dem überregional bekannten Popcorn, können DVDs für daheim und moderne Streaming-Dienste nicht ersetzen.
Fokus
Im Artikel genannt
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Neue Schauburg Northeim
Kino im Herzen Northeims
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