Von außen wirkt der Steinbau am Göttinger Hagenweg 2a mit seinem mit sandfarbenen Putz recht unaufdringlich und funktional. Nur am Logo neben dem Eingang der Feuerwehr ist zu erkennen, dass hier auch die musa beheimatet ist – das soziokulturelle Zentrum, das seinem Namen alle Ehre macht. Was sich nämlich unter dem Dach der einstigen Heeresbäckerei versammelt, zeigt eine große Bandbreite künstlerischer Vielfalt. Und vor allem steht die musa für interkulturellen Austausch, Kreativität und Teilhabe.
„Wir sind zugänglich für alle und sprechen mit 250 bis 300 Veranstaltungen im Jahr ganz unterschiedliche Zielgruppen an“, sagt Tine Tiedemann, die sich mit Stefan Rieder die Geschäftsführung des gemeinnützigen Vereins musa e.V. teilt, der seine Anfänge als Kulturzentrum schon 1977 im Boieweg fand. Ab 1990 hat die musa im Hagenweg ihr Domizil gefunden, wo sie u.a. als Netzwerkpartner im „Bündnis gegen Rechts“ auch zunehmend gesellschaftspolitische Aspekte in ihre Arbeit integrierte. Einer der Schwerpunkte der Vereinstätigkeit war zunächst die Stadtteilarbeit in der Weststadt Göttingens. Über Kultur- und Jugendprojekte sollten die Menschen aus ganz verschiedenen Nationen und Altersgruppen Gelegenheiten haben, sich kennenzulernen und miteinander auszukommen. Dieses Engagement ist auch heute noch ein Teil des musa-Konzeptes. „55 Gruppen treffen sich hier wöchentlich, Kitas nutzen den Tanzraum, es werden Deutschkurse angeboten und integrative Projekte organisiert“, nennt Tine Tiedemann Beispiele für die Vielfalt in der musa.
Auf 5000 m² im Gebäude der einstigen Heeresbäckerei ist Platz für kreative und künstlerische Angebote, aber auch für geistigen, politischen oder kulturellen Austausch. Es finden Fortbildungen und Podiumsdiskussionen zu aktuellen Themen statt; Kinder können hier Instrumente erlernen oder bei Zirkus- und Theaterworkshops ihre Fähigkeiten ausprobieren; Kreative finden diverse Möglichkeiten zur künstlerischen Entfaltung. Bei verschiedenen Tanz-Angeboten kommen Menschen gemeinsam in Bewegung, zum Beispiel beim Bal Folk mit allen Teilnehmer*innen oder beim Tango zu zweit. Wer es ruhiger mag, findet Entspannung und Balance beim Yoga oder Tai Chi. Zudem steht eine Outdoor-Freizeitanlage mit Beach-Volleyballfeld und Gartenhaus für Veranstaltungen allen Anwohner*innen und auch der benachbarten Kita zur Verfügung. Lediglich eine Anmeldung in der musa ist nötig, um die Außenanlagen nutzen zu dürfen.
„Mit unseren Angeboten positionieren wir uns für Diversität, Integration und Inklusion“, erläutert Tine Tiedemann. Deutliche Statements der musa, auch im Namen der Vorsitzenden Martin Henkemeier, Ernst Achilles-Wenge und Karl-Christoph Dreßler, zum Beispiel durch die Unterzeichnung der Anti-Rechtsextremismus-Kampagne „Shield & Shine“, nahmen zwei AfD-Landtagsabgeordnete zum Anlass, um beim Niedersächsischen Landtag Beschwerde einzulegen. Sie forderten das „Neutralitätsgebot“ für Kultureinrichtungen. Die Landesregierung stärkte jedoch der musa und weiteren Institutionen, welche die „Shield & Shine“-Kampagne ebenfalls unterzeichnet hatten, den Rücken: „Die freiheitliche Demokratie lebt davon, dass Kultur am politischen Meinungsprozess mitwirkt“, lautete u.a. die Reaktion der Landesregierung. „Gesellschaftspolitische Arbeit ist ein Teil der musa. Daher sehen wir es auch als unsere Pflicht an, uns für demokratische Werte einzusetzen“, erklärt Tine Tiedemann.
Wie tief verwurzelt dieses gesellschaftspolitische Engagement in der musa ist, dokumentieren ganz anschaulich die Wände in der „Bronx“, wie die Geschäftsführerin augenzwinkernd den Gebäudeteil des Kulturzentrums nennt, wo verschiedene Künstlerinnen und Künstler ihre Werkstätten angemietet haben. Im Flur erinnern Plakate aus der Zeit ab den späten 1970-er Jahren bis in die 2000er an die wichtigen politischen und gesellschaftlichen Themen dieser Jahrzehnte – vom Kampf gegen Atommülllager und militärische Aufrüstung über kulturelle Entwicklungen und Veranstaltungen bis zu niedrigschwelligen Bildungsangeboten.
Die musa wird unterstützt durch die Stadt und den Landkreis Göttingen, das Land Niedersachsen, den Landschaftsverband Südniedersachsen und die Sparkasse Göttingen. Die Förderungen würden aber nur 37 Prozent der Gesamtkosten decken, so die Geschäftsführerin. Den Rest der Kosten muss der Kulturverein selbst erwirtschaften. Das funktioniert zum Beispiel über Vermietungen. So haben sich weitere Institutionen im Kulturzentrum angesiedelt wie das Rockbüro, der Domino Verein für Kinder- und Jugendtheater oder der Blickwechsel e. V., Verein für Medienpädagogik. Zudem können Arbeitsplätze im Coworking Space gebucht werden, Konferenz- und Seminarräume mit entsprechender technischer Ausstattung, Räume für kulturelle Angebote oder Säle und die Bühne für Veranstaltungen und private Feiern.
Der Vorstand der musa wird satzungsgemäß von einem Beirat unterstützt, der aus jeweils drei Mitgliedern aus Politik und Wirtschaft besteht sowie einem Mitglied aus der Göttinger Stadtverwaltung. Daher stehe das Kulturzentrum bisher auch im Blick der Entscheidungsträger, erklärt Tine Tiedemann. Sie hofft, dass die Mitfinanzierung kultureller Institutionen zukünftig nicht infrage gestellt werde, wenn sich das politische und gesellschaftliche Klima noch deutlicher verschärfen würde.
Umso wichtiger ist es für das Bestehen solcher Einrichtungen, dass Kulturangebote von den Menschen in der Umgebung und im Landkreis angenommen werden. Legendär sind zum Beispiel die Konzerte im musa-Saal, wo in nahezu familiärer Atmosphäre auch mal Bands und Künstler*innen zu sehen sind, die sonst längst Stadien füllen, oder internationale Musikstile, die außerhalb des Mainstreams begeistern – oder eben Newcomer wie beim Local Heroes Contest. Ein Blick ins Programm lohnt sich also.
Im Keller gibt es 18 Übungsräume und ein Tonstudio für regionale Musiker*innen. Und mit den Partyserien wie „PowerDance“ oder „Rock gegen Rheuma“ bestehen wiederkehrende Angebote für Freunde kollektiver Bewegungsfreude.
Wer Fragen hat oder einen Raum für eigene Veranstaltungen mieten möchte, erhält weitere Infos entweder auf der Website musa.de oder direkt beim musa-Team unter Telefon 0551 64353 oder per Mail an kultur@musa.de.
Im Artikel genannt
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musa
Das größte soziokulturelle Zentrum Göttingens und des Landkreises
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