Große romantische Oper über Freundschaft, Eifersucht und Verrat war am Wochenende in der Göttinger Stadthalle zu erleben. Das Publikum feierte Chor und Orchester der Universität, die Solisten Lavinia Dames, Sung Min Song, Bernhard Hansky und Jürgen Orelly sowie den musikalischen Leiter Antonius Adamske mit Ovationen.
Die Oper »Les pêcheus de perles» (»Die Perlenfischer«) von Georges Bizet war zur Uraufführung 1863 wenig erfolgreich. Ganz anders verhielt es sich am vergangenen Wochenende bei der wohl ersten Aufführung der Oper in Göttingen. Adamske entschied sich für die vom Verleger Choudens edierte Fassung – nicht aber ohne eigene Ergänzungen für die Aufführungen mit der Universitätsmusik in Göttingen vorzunehmen: Die ohnehin schon umfangreiche Percussion-Besetzung wurde erweitert durch Oceandrums, Schellen und Zimbeln sowie einige Effektinstrumente: Regenrohr, Windmaschine und Vogelpfeifen ließen sich hören. Die Besucher:innen vernahmen so schon vor Beginn der Ouvertüre das Meeresrauschen, das sofort Bilder in den Köpfen der erzeugte. Das setzte sich den Abend noch fort: Das neue Lichtsegel der sanierten Stadthalle leuchtete passend zur jeweiligen Szene in den unterschiedlichsten Farben (Lichtregie Laura Losch und Arne Prinzler, zwei Mitglieder des Universitätschors).
Die gesamte Aufführung war ziemlich professionell, sowohl technisch mit der Lichtregie oder einer Übertitelungsanlage (die es sonst in der Stadthalle nicht gibt), vor allem aber musikalisch. Die Studierenden in Chor und Orchester wuchsen über sich hinaus, immer wieder neu inspiriert durch Antonius Adamske, der bereits auf ein breites Repertoire an Operndirigaten zurückblicken kann.
Die »Perlenfischer« beinhalten eine große Chorpartie. Die über 100 Mitglieder des Universitätschores entwickelten eine Stimmkraft, die perfekt zu Bizets Musik passt. Die Energie der Sänger:innen war bis zur letzten Reihe der Stadthalle zu spüren. Das Orchester war nicht nur wegen der Länge der Oper stark gefordert: die Streicher hatten schwierigste Stellen zu meistern, die Bläser hatten immer wieder solistische Passagen.
Chapeau an beide Ensembles!
Zu dieser herausragenden Leistung passten auch vier herausragende Solist:innen: Die gebürtige Göttingerin Lavinia Dames gestaltete die Partie der Leïla mit großer dramatischer Spannkraft, mit wundervollen Koloraturen und starken Emotionen. Die beiden Männer, die die Priesterin Leïla lieben, standen dem in Nichts nach: der kurzfristig eingesprungene Bariton Bernhard Hansky und der koreanische Tenor Sung Min Song interpretierten das berühmte Freundschaftsduett „Au fond du temple“ traumhaft schön und überzeugten auch in ihren solistischen Passagen uneingeschränkt. Sung Min Song zeigte dabei nicht nur große Strahlkraft, sondern auch berührende Zartheit. Den beiden stand Jürgen Orelly als Gemeindeältester Nourabad zur Seite. Trotz der eher kleineren Partie brillierte der in Göttingen lebende Sänger mit kräftiger Bassstimme und großem darstellerischen Talent.
Die zweieinhalb Stunden vergingen wie im Fluge. Dass es keine szenische Aufführung war, bedauerte niemand auch nur eine Sekunde, auch so war der Nachmittag in der Stadthalle äußerst kurzweilig.
Die Georg-August-Universität kann stolz darauf sein, eine solche hohe Qualität mit dem Universitätschor, dem Universitätsorchester und seinem künstlerischen Leiter Antonius Adamske zu haben. Und in ganz Göttingen wird von dieser jetzt schon legendären Aufführung noch lange gesprochen werden.
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