Erst kürzlich nahm Catharina Schubert Erwachsene und Kinder mit auf einen märchenhaften Waldspaziergang in Hahnenklee. Eine Veranstaltung, die im Rahmen der Harzer Klimawochen stattfand, und bei der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vier Märchen zu Gehör bekamen, die alle zum Thema „Bäume“ passten.
Das Erzählen von Märchen und Geschichten ist für sie mehr als ein bloßes Hobby. Seit circa zehn Jahren beschäftigt sich Catharina Schubert intensiv mit Märchen aller Art. Zunächst durch eine Fortbildung bei der Goldmund Erzählakademie in München und ab 2018 in einer Ausbildung beim Verband der Erzähler und Erzählerinnen VEE – Verband der Erzählerinnen und Erzähler e.V. Die Grundausbildung dauerte etwa zwei bis drei Jahre, das erste Zertifikat wurde in 2021 überreicht. Seitdem werden stetig Weiterbildungen besucht. Doch nicht nur das: 2021 gründete Schubert die Märchenmanufaktur, in der sie Kurse, Veranstaltungen oder auch Workshops im touristischen Kontext und im pädagogischen Bereich anbietet sowie Märchen veredelt. Darüber hinaus erschien ihr erstes Kinderbuch „Drachenblitz - Und der gestohlene Bergkristall“. Eines ihrer weiteren Steckenpferde sind Besuche zum Teil mystischer Orte im Harz, wie beispielsweise der Mädchenrathausplatz in Hahnenklee. Orte also, an denen sich die Sagen vermutlich zugetragen haben könnten.
Im Gespräch mit kulturis berichtet die zweifache Mutter und studierte Diplomkauffrau über ihre Leidenschaft, dem Märchen erzählen, wie es dazu kam und über ihre weiteren Pläne für die Zukunft.
Frau Schubert, neben Ihrem eigentlichen Beruf bei der Stadt Seesen gehört Ihre Leidenschaft dem Erzählen von Märchen und anderen Geschichten. Wie kam es dazu und warum machen Sie das?
Ich arbeite für die Stadt Seesen aktuell an einem Projekt im Kulturbereich. Auch da beschäftige ich mich mit dem Thema „Geschichten erzählen“ und zwar in der touristischen und kulturellen Vermarktung von Standorten. Ich erforsche neugierig ortsbezogene und regionale Geschichten. Diese führe ich dann so zusammen, dass sie den jeweiligen Standort erlebbar machen. Meine Erzählleidenschaft kam mit der Geburt meiner beiden Kinder. Inspiriert wurde ich von meiner Oma, die mal eben „aus der Hüfte heraus“ jeden Abend eine Geschichte oder ein Märchen erzählen konnte. Das wollte ich auch können! So habe ich mich auf den Weg zu einer professionellen Erzählausbildung gemacht. Spielerisch möchte ich Kinder und Erwachsene durch das Erzählen dazu anregen, sich auf die gehörten Geschichten einzulassen. Das dient der Unterhaltung, der Achtsamkeit und Inspiration. Es fördert außerdem die Konzentration, das Vorstellungsvermögen und die Kreativität. Den Märchenhelden ergeht es ähnlich wie uns: Indem wir beobachten, wie sie mit schicksalhaften Ereignissen umgehen, lernen wir auch mit unseren eigenen Erfahrungen besser umzugehen. Das Schöne daran ist: Märchen gehen immer gut aus. Ihnen zu lauschen oder sie zu erzählen ist für mich wie Yoga für die Seele.
Was macht Ihnen denn mehr Spaß, wenn Sie sich mit Märchen beschäftigen: Der touristische Kontext oder die Arbeit im pädagogischen Bereich, wie beispielsweise in Kindergärten oder Schulen?
Das Erzählen an sich ist die Leidenschaft, die mich antreibt. Und die leuchtenden Augen der kleinen und großen Zuhörerinnen und Zuhörer, wenn ich merke, wie sie durch meine Erzählungen in die Bilder der Geschichten eintauchen. Beides bereitet mir sehr viel Freude.
Sie erwähnen unter anderem, dass Sie Märchen veredeln. Was ist damit gemeint?
Ich ordne uralte Märchen und Geschichten unterschiedlichen Themen zu oder präsentiere sie in einem bestimmten Zusammenhang. Zum Beispiel im Kontext „Nachhaltigkeit“. Das macht die Märchen und Geschichten noch wertvoller als sie ohnehin schon sind. In der freien Erzählung werden die Märchen und Geschichten zunächst durch mich als Künstlerin erarbeitet. Bilder und Charaktere interpretiere ich und werden dann auf persönliche Art und Weise im Rahmen der Erzählung inszeniert. Teilweise auf das Wesentliche gekürzt oder erweitert. Auch das macht die Märchen und Geschichten einzigartig. Sie berühren unsere Seele. Und das ist etwas sehr Besonderes!
Was lernt man in einem Märchenworkshop genau?
Die Märchenworkshops sind eher so etwas wie eine kreative Märchenzeit. Ich erzähle ein Märchen, zum Beispiel „Die Bienenkönigin“. Im Anschluss daran basteln wir dann kleine Insektenhotels. Das ist insbesondere für Kinder eine tolle Auszeit.
Mit „Drachenblitz - Und der gestohlene Bergkristall“ haben Sie bereits ein erstes Kinderbuch veröffentlicht. Worüber handelt das Buch und ist das zweite schon „in der Mache“? Wenn ja, worum wird es gehen und wann erscheint es in etwa?
Es geht unter anderem um eine gute Wald-Hexe namens Naturia, die vor hunderten von Jahren in den Wäldern rund um Hahnenklee lebt. Ihre Aufgabe ist es, den Bergkristall vom Bocksberg zu schützen. Dieser Kristall gibt allen Lebewesen die notwendige Lebensenergie. Solange er in Naturias Obhut weilt, leben auch die Menschen im Einklang mit der Natur und allen Naturgeistern dieser Erde. Die Hexe Invidia aus der Düsterwelt stört sich an dieser Harmonie. In der Walpurgisnacht gelingt es ihr mit Drachenblitz, ihrem widerspenstigen und dreiköpfigen Drachen, den Bergkristall zu stehlen. Dadurch droht die Welt in Dunkelheit zu versinken. Wie der Kristall wieder zurück in Naturias Hände gelangen soll und welche Rolle dabei ein Junge namens Benno sowie die Kröte Bufo spielen, erfahren die kleinen Leserinnen und Leser dann im Buch.
Das zweite Buch schwirrt noch in meinem Kopf herum. Aber es soll auch bald zu Papier gebracht werden. Es geht wieder um den Hauptcharakter Drachenblitz. Daneben übernimmt auch ein Einhorn eine tragende Rolle in der Geschichte. Mehr verrate ich aber noch nicht…
Für Sie sind Märchen „wirksame Erzählungen" - wie ist das zu verstehen?
Ich behaupte: Erzählungen erzeugen immer eine Wirksamkeit beim Zuhörer. Alleine dadurch, dass sie Aufmerksamkeit entstehen lassen und man sich dadurch auf den Moment, die Geschichte und die Bilder konzentriert. Das wirkt entspannend. Insbesondere auch bei Kindern wirken Erzählungen ermutigend. Die Helden in den Märchen dienen häufig als wahre Vorbilder, die alle Abenteuer überstehen. Kinder identifizieren sich mit den Märchenhelden und werden ermutigt, sich den eigenen Herausforderungen ihres Lebens zu stellen.
Wie findet Ihre Familie eigentlich Ihre Leidenschaft?
Ich bin alleinerziehende Mama von zwei Kindern (Eva 7 Jahre) und Leo (10 Jahre). Und na klar, sie lieben auch Geschichten. Mein Sohn Leo hat sogar bei der Schlüsselszene im Buch „Drachenblitz – Und der gestohlene Bergkristall“ eine sehr gute Idee mit eingebracht.
Wie sehen Ihre Zukunftspläne für die Märchenmanufaktur aus?
Ganz klar, ich möchte ein zweites Kinderbuch schreiben. Und vielleicht noch ein Buch mit Märchen und Geschichten speziell für Erwachsene. Mein großer Traum ist es, selbst einmal Ausbilderin für nachkommende Erzählergenerationen zu werden. Bis dahin heißt es aber für mich weiter üben, üben, üben und ausprobieren. Und dabei neue Märchen und Ideen finden, wie Geschichten gut verpackt und umgesetzt werden können.
Warum sollte man unbedingt eine Ihrer Märchenwanderungen mitmachen oder Kurse besuchen?
Ich habe sehr viel Freude an den Märchen und Geschichten, die ich erzähle, und ich bin mir sicher, dass sich diese Freude auch auf andere überträgt. Gemeinsam verbringen wir eine kurzweilige und fantasievolle Zeit und sitzen oder wandern dabei im schönsten Kino der Welt: Im eigenen Kopfkino.
Haben Sie Lieblingsmärchen und -orte im Harz, wenn ja, welche sind das?
„Der Froschkönig“ und „Rapunzel“ liegen ganz weit vorne. Und mittlerweile auch die Sagen und Geschichten rund um Hahnenklee.
Und wie sieht es mit (außer)europäischen Märchen und Sagen aus?
Die mag ich auch: Märchen von Hans Christian Andersen beispielsweise. Jetzt zu Weihnachten zum Beispiel „Der Tannenbaum“ oder „Der knöcherne Palast“ – ein Drachenmärchen aus Russland. Neben Klassikern der Brüder Grimm biete ich in meinen Veranstaltungen auch eine Auswahl europäischer und außereuropäischer Märchen und Sagen an. Durch meine marketingfundierten Berufserfahrungen fällt es mir leicht, Erzählprogramme und -einheiten zu saisonalen Höhepunkten und in regionalen Inszenierungen zu erstellen. Ich freue mich jedenfalls schon jetzt von Herzen darauf, wenn ich bald wieder Märchen und Geschichten erzählen darf!
Wer sich selbst einmal einen Überblick über die verschiedenen Angebote der Märchenmanufaktur von Catharina Schubert machen möchte, kann die Homepage www.die-maerchenmanufaktur.de besuchen oder per E-Mail an info@die-maerchenmanufaktur.de direkt Kontakt zur Märchenerzählerin aufnehmen. Die nächste Märchenwanderung für Erwachsene findet am Sonnabend, den 21. Dezember, statt. Das passende Thema zum Winteranfang lautet dann „Märchenhafte Wintersonnenwende - ein märchenhafter Spaziergang“. Treffpunkt ist um 15.30 Uhr am Kurhaus Hahnenklee.
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