Beglückender Melodienstrom und expressiver Gesang

Kammerchor der Universität mit einem Sonderkonzert in der Aula

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Balsam für die Ohren: Der Kammerchor der Universität hat am Sonntag das Publikum in der gut besuchten Aula der Universität mit Musik von Robert und Clara Schumann sowie Johannes Brahms nach allen Regeln der Kunst verzaubert. Auf dem Programm des Abends standen neben den Chorwerken Solostücke für Klavier von Robert und Clara Schumann sowie Johannes Brahms.

Dieses Chorkonzert ist sehr kurzfristig geplant und erarbeitet worden. Wie Dirigent Antonius Adamske berichtete, entstand die Idee dazu im Januar nach dem Semesterkonzert des Chores. Die Begeisterung für das Singen war einfach zu groß, um noch ein ganzes Semester auf das nächste Konzert warten zu wollen. Musikalischer Auslöser für diesen Enthusiasmus waren die Liebesliederwalzer von Johannes Brahms für Chor mit vierhändiger Klavierbegleitung, auf deren Aufführung die Sängerinnen und Sänger offenbar brannten.

Dieses Werk allein ist aber nicht abendfüllend. So erwuchs ein zweiter, ganz besonderer Gedanke. Clara Schumann hat mit ihren sechs Liedern op. 13 besonders schöne Vokalwerke komponiert. Um sie in der Besetzung den Liebesliederwalzern von Brahms anzupassen, erteilte die Universitätsmusik dem in Düsseldorf lebenden Musiker Frederik Frank den Auftrag, die Lieder für vier- bis sechsstimmigen Chor mit vierhändiger Klavierbegleitung zu arrangieren. Das hat auch einen historischen Hintergrund: Clara Schumann stand mit Brahms in engem Kontakt und spielte mit ihm Klavier zu vier Händen.

Komplettiert wurde das Vokalprogramm durch Werke für Klavier solo: die späten Fantasiestücke op. 111 von Robert Schumann, ein frühes und ein spätes Klavierstück von Clara Schumann (Nocturne op. 6 Nr. 2 und Romanze aus dem Jahr 1853) sowie ein Klavierstück von Johannes Brahms, das der Komponist 1853 in Göttingen geschrieben hatte und das erst 2011 bei einer Auktion in New York entdeckt wurde. Für den Klavierpart engagierte Adamske den Pianisten Cunmo Yin, der schon im Januar-Konzert mitgewirkt hatte, dazu Gerrit Zitterbart, bei dem Yin 2022 seinen Soloklassen-Abschluss an der Musikhochschule Hannover absolviert hat.

Arrangeur Frederik Frank hat vorzügliche Arbeit geleistet: Trotz chorischer Vokalbesetzung und des verdoppelten Klavierparts bleiben in seiner Fassung die wunderbar lyrischen Miniaturen Clara Schumanns ganz durchsichtig und schlank. Dank der Flexibilität und Homogenität der Sängerinnen und Sänger waren auch feine Abstufungen in der Dynamik möglich, mit der die Ausdruckstiefe dieser Lieder eindrucksvoll ausgelotet wurde.

Eine noch größere Mannigfaltigkeit des Ausdrucks herrscht in den Liebesliederwalzern von Brahms. Ihnen stellte Dirigent Adamske in einer kurzweiligen, gründlich recherchierten Moderation einen Überblick über das Leben und Schaffen des Textdichters Georg Friedrich Daumer voran, dessen religiöse Orientierung nach etwas krausen pietistischen Anfängen (samt Selbstmordversuch) über den Islam bis zum Katholizismus führte. In seinen Gedichten führt er zahlreiche Spielarten der Liebe vor, wobei seine Texte heutzutage nicht durchweg politisch korrekt sind. Doch solche Gedanken wurden von der tänzerisch-heiteren Brahmsschen Musik mit ihrem beglückenden Melodienstrom im Nu hinweggespült – man konnte sich dem puren Genuss hingeben, den die Choristen mit ihrem stets intonationssicheren, textlich sauber artikulierten und expressiven Gesang dem Publikum bereiteten.

Das gilt gleichermaßen für die Kunst der beiden Pianisten, die sich in der Chorbegleitung als ein fein aufeinander eingespieltes Duo erwiesen. Zudem entfalteten sie in ihren solistischen Beiträgen nicht nur beachtliche Virtuosität, sondern wurden auch dem poetischen Anspruch dieser Stücke in vollem Umfang gerecht. Feine Klangfarben und schön abgestufte Ausdruckswerte bot Gerrit Zitterbart in den Stücken von Clara Schumann und Brahms. Den tiefsten Eindruck aber hinterließen Schumanns selten zu hörenden Fantasiestücke op. 111, mit denen Cunmo Yin glänzend das Vorurteil Lügen strafte, Schumanns Schaffenskraft habe in seinen Spätwerken erheblich nachgelassen. Der Beifall für die Choristen, die Pianisten und den hochengagierten, souverän führenden Dirigenten wollte kaum enden. Zum Dank gab es Clara Schumanns Lied „Der Mond kommt still gegangen“ ein zweites Mal – perfekt passend zur schmalen Sichel des Mondes am klaren Nachthimmel, dessen sanfter Schein die Konzertbesucher auf dem Weg zum Konzert begleitet hatte.

Dieser Artikel erschien zuerst im Magazin des Kulturbüro Göttingen. Redaktionell verantwortlich sind das Kulturbüro Göttingen sowie dessen Autor:innen.

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