Tartuffe

Je nach Bedürfnis gibt es eine Wissenschaft, die dem Gewissen ziemlich weiten Spielraum lässt.

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Orgon ist nicht nur wohlhabend und ein angesehener Bürger, wichtiger noch, er ist ein gottesfürchtiger Mann. Als solcher ist er permanent von seinem religiösen Gewissen geplagt, denn die Annehmlichkeiten des guten Lebens, davon ist er überzeugt, füllen quasi automatisch das eigene Sündenregister. In dieser Annahme bestärkt ihn Tartuffe, ein Mann, der selbst allen weltlichen Versuchungen abgeschworen und in Orgons Haus Aufnahme gefunden hat. In Orgons Familie begegnet man Tartuffe mit Skepsis. Dass der heilige Mann versucht, Orgons Frau zu verführen, die geplante Hochzeit von Orgons Tochter hintertreibt, um sich selbst als Schwiegersohn zu etablieren, und den Besitz der Familienimmobilie erschleicht, lässt aus deren Sicht Tartuffes Heiligenschein doch sehr verblassen. Am Ende braucht es drastische Mittel, um Orgon vor Augen zu führen, dass er einem Scheinheiligen aufgesessen ist. Tartuffe ist ein genialer Betrüger. Wäre sein Plan aufgegangen: Haus, Bargeld, Ehefrau, Tochter, alles seins, Orgon wäre nichts geblieben. Dass Tartuffe sich im religiösen Gewande tarnt, brachte Molière den Vorwurf der Blasphemie und reichlich Ärger mit dem Klerus ein. Der König musste vermitteln, damit das Stück überhaupt gespielt werden durfte. Dabei ist es nicht die Religion, gegen die sich des Autors Spott richtet. Der zielt vielmehr auf eine Gesellschaft, die sich hinter scheinheiligen Konventionen versteckt und so Tartuffes Betrug erst möglich macht.

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