Der neue Verein „Lyrik lebt“ mit Sitz in Osterode am Harz bereichert seit seiner Gründung im November 2021 die regionale Vereinsszene. Nichts weniger als die Förderung von Kunst, Kultur und Poesie hat sich die noch recht junge Vereinigung auf ihre Fahne geschrieben. Insbesondere die Lyrik steht dabei im Fokus der Bemühungen. Damit das ehrgeizige Vorhaben auch gelingen kann, basieren die Vereinstätigkeiten auf folgenden drei Säulen, die dabei helfen sollen, die gesteckten Vereinsziele zu realisieren:
- Der „Lyrische Garten“ als Großereignis mit Dichterinnen und Dichtern aus nah und fern
- Verschiedene Poetik-Veranstaltungen sowie temporäre Projekte auch interdisziplinärer Art
- Kooperationen mit Bildungs- und Kultureinrichtungen
Im Interview mit dem kulturis-Magazin stellte die Erste Vorsitzende Renate Maria Riehemann den Verein vor und gewährte Einblicke in das aktuelle Geschehen.
Wie viele Mitglieder umfasst „Lyrik lebt“ aktuell, und was war der Grund/Zweck seiner Gründung?
Unser Verein umfasst zurzeit 20 Mitglieder. Wir möchten die Lyrik aus ihrer „schattigen Ecke“ holen und somit für möglichst viele Menschen niederschwellig erlebbar machen. Zudem wollen wir Autorinnen und Autoren untereinander besser vernetzen sowie Gelder für poetische Veranstaltungen akquirieren. Ein weiteres Ziel ist es, Veranstaltungen wie den „Lyrischen Garten“, die „Offene Lesebühne“ und den „Literaturpreis Harz“ auf breitere Beine stellen zu können.
Außerdem wollen wir Input nach Osterode holen, die kulturelle Szene vor Ort bereichern und entstehende Synergieeffekte nutzen. Kurzum: Wir geben Lyrik und Prosa einfach ein literarisches Zuhause. Dabei spielt es keine Rolle, ob man Anfänger, Fortgeschrittener oder „nur“ Lesender ist. Außerdem möchten wir unseren Vereinmitgliedern durch eine zweijährig erscheinende Mitgliederanthologie die Möglichkeit bieten, eigene Texte zu veröffentlichen und einem Publikum vorzustellen.
Was ist das Besondere an dem Verein, was zeichnet ihn aus?
Ich denke die Möglichkeit des Austausches, die gegenseitige kollegiale Inspiration, das offene, wertschätzende Gespräch über Geschriebenes.
Kann jeder Mitglied werden oder ist eine dichterische Tätigkeit Voraussetzung?
Jeder kann den Antrag auf Mitgliedschaft stellen, auch eine fördernde Mitgliedschaft ist möglich. Eine schreibende Tätigkeit ist nicht Voraussetzung. Die Vorstandsmitglieder müssen jedoch literarisch aktiv sein.
Der „Lyrische Garten“ fand einst in der „Villa Gyps“ statt und dieses Jahr erstmalig in der Osteroder Stadthalle und dem angrenzenden Kurpark. Ist eine Rückkehr in die „Villa Gyps“ geplant?
Nein. Der „Lyrische Garten“ soll regelmäßig im Kurpark/in der Stadthalle stattfinden. Später ist eine Einbeziehung der dann renovierten Schachtruppvilla gegenüber geplant. Unser Verein ist sehr froh, dass die Wirtschaftsbetriebe der Stadt Osterode am Harz uns durch die Bereitstellung der Räume und Technik unterstützen. Die „Villa Gyps“ hatte ich in den Jahren zuvor als Privatperson für die Veranstaltung „Lyrischer Garten“ angemietet. Ab 2022 ist nun unser Verein Veranstalter, somit ist der „Lyrische Garten“ „gehsicherer“ geworden.
Warum sollte man Vereinsmitglied werden, was macht den Verein interessant, z. B. für junge Leute?
Das Schreiben ist das Gegenteil von Konsumieren. Es ist eine Möglichkeit, sich mit der nahen und weiteren (Um)welt kritisch auseinanderzusetzen und den eigenen Platz darin zu finden. Das kann in Form von längeren oder kurzen Prosatexten sein oder in Form von Gedichten. Damit sind alle dichterischen Formen gemeint, auch der Poetry Slam – ein Wettbewerb, bei dem selbstgeschriebene Texte in einem festgelegten Zeitrahmen vorgetragen werden –, der besonders bei Jugendlichen und Junggebliebenen sehr beliebt ist.
Außer dem „Lyrischen Garten“ gibt es noch weitere Vereinsveranstaltungen?
Natürlich. Zu nennen wären da unsere Autorenlesungen oder die Reihe „Offene Lesebühne“. Verschiedene Workshops befinden sich ebenfalls in Planung.
Wie steht es um die Vernetzung innerhalb der Kulturszene?
Dadurch, dass sich der „Literaturpreis Harz“ schon etabliert hat – im November 2022 ist Buchpremiere und Preisverleihung der 4. Ausschreibung (Ein Harzer Frosch am Wasserregal) –, und der „Lyrische Garten“ in der Lyrikerszene auch über Osterode am Harz hinaus bekannt ist, ergibt sich ein sicheres Grundgerüst für den weiteren Auf- beziehungsweise Ausbau.
Ich bin selbst in mehreren literarischen Vereinigungen aktiv, so unter anderem in der Europäischen Autorenvereinigung „Die Kogge“, in der Deutschen Haiku-Gesellschaft und in der Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik Leipzig. Durch diese Aktivitäten hat sich schon jetzt eine gute Vernetzung ergeben.
Der Kurpark verwandelte sich für einige Stunden in eine bunte Bühne.
Wie zufrieden sind Sie mit der bisherigen Vereinsentwicklung?
Wir sind sehr zufrieden. Der „Lyrische Garten“ war unsere erste öffentliche Veranstaltung. Wir erhoffen uns dadurch eine nachhaltige positive Resonanz, zumal sehr viele hochkarätige Autoren und Autorinnen vor Ort präsent waren, übrigens viele junge Dichter und Dichterinnen aus nah und fern, auch aus dem Ausland. Der Veranstaltungsverlauf und die Besucherzahlen waren gut. Ebenso die Rückmeldungen der Autoren und Autorinnen. Kurzum: Nächstes Jahr werden wir wieder am selben Ort und zur gleichen Zeit den "Lyrischen Garten" durchführen, nämlich am Sonntag nach den niedersächsischen Sommerferien.
Und in der Tat erhielt der „Lyrische Garten“ am 28. August guten Zuspruch. Fand er von 2017 bis 2019 noch in der „Villa Gyps“ und 2021 coronabedingt rein digital statt, gehörte ihm in diesem Jahr erstmals die ganz große Bühne. Die Kombination von Freiluftveranstaltung und Indoor-Lesebühne hat sich bewährt und ging vollends auf. Osterodes Bürgermeister Jens Augat zeigte sich hocherfreut über den Besucherzuspruch und äußerte bei seiner Begrüßung die Hoffnung, noch viele solcher Veranstaltungen in der Sösestadt eröffnen zu dürfen.
Das Ziel, Lyrikerinnen und Lyriker miteinander in Verbindung bringen sowie aufzuzeigen, dass es auch in Osterode am Harz Menschen gibt, die sich an Gedichten erfreuen und dieser Literatursparte Beachtung schenken, wurde erreicht. Der Kurpark verwandelte sich für einige Stunden in eine bunte Bühne. Etwa 20 Dichterinnen und Dichter platzierten sich unter den Bäumen, um eine Auswahl ihrer eigenen Werke zu präsentieren, Gedichte in der Stadthalle vorzutragen und natürlich mit den Gästen ins Gespräch zu kommen. Für das interessierte Publikum gab es einiges zu entdecken. Zum Beispiel waren zwischen einzelnen Bäumen verschiedene Texte an Wäscheleinen aufgehängt, die zum Lesen und Nachdenken einluden.
In guter Tradition spielte darüber hinaus auch die Integration eine wesentliche Rolle. So gaben Jugendliche im Projekt „GeschichtenVielfalt“ der Kreismusikschule Landkreis Göttingen selbst verfasste Liedtexte zu Gehör, die mit reichlich Applaus belohnt worden sind. Schülerinnen und Schüler der örtlichen Schulen stellten und trugen Friedensgedichte vor.
Fokus
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Im Artikel genannt
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Renate Maria Riehemann
In Sachen Lyrik und Prosa nicht nur im Harz aktiv
Villa Gyps
Jugendstilvilla in Osterode am Harz
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